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Serie: Tierosteopathie - Viszerale Osteopathie

Die Viszerale Osteopathie ist ein Teilgebiet der Osteopathie, bei der die inneren Organe sowie ihre umgebenden Strukturen auf Bewegungseinschränkungen hin untersucht und behandelt werden. Alle Organe haben eine Eigenbeweglichkeit (Motilität), können aber auch vom Therapeuten bewegt werden (Mobilität). Dadurch werden eine bessere Durchblutung, Nervenversorgung, Organfunktion und ein optimierter Lymphfluss erreicht.

VISZERALE MOBILITÄT

Der Begriff der Viszeralen Mobilität bezeichnet die Bewegung der inneren Organe, die diese als Antwort auf Rumpf- oder Atembewegungen ausführen. Voraussetzung für uneingeschränkte Mobilität ist also eine freie Verschieblichkeit der Organe gegeneinander. Die Kontaktflächen, an denen sich die einzelnen Organe berühren, werden in der Viszeralen Osteopathie auch Artikulationsflächen genannt.

VISZERALE MOTILITÄT

Der Begriff der Viszeralen Motilität bezeichnet die unabhängigen, eigenständigen Bewegungen der inneren Organe. Diese setzen sich aus zwei Phasen zusammen, die Expire und Inspire genannt werden. Bei der Expire-Bewegung nähert sich das Organ der Mittelachse des Körpers an, bei der Inspire-Bewegung entfernt es sich von dieser. Diese Bewegungen kann man erspüren, beurteilen, verändern und behandeln.

WAS PASSIERT NACH EINER VISZERALEN BEHANDLUNG?

Im Vordergrund steht hier eine Bewegungsstörung des betroffenen Organs. Dadurch stimulieren wir den arteriellen Zufluss, den venösen und den lymphatischen Abfluss. Der Organstoffwechsel wird normalisiert. Die parietalen Dysfunktionen werden im jeweiligen segmental zugehörigen Bereich beseitigt, wobei die Folge u.a. auch ein positiver Einfluss auf die Psyche des Hundes ist. Weiter wird der Sympathikotonus gesenkt, infolgedessen auch der allgemeine Muskeltonus. Damit die Eingeweide richtig funktionieren können, bedarf es zudem einer nervalen Versorgung.
Im ersten Teil der Serie – Parietale Osteopathie am Hund – haben wir erfahren, dass durch die Foramina intervertebrale Spinalnerven austreten. Diese innervieren jedes Organ. Entsprechend arbeiten Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Magen, Nieren, Leber und der gesamte Eingeweidebereich nur einwandfrei, wenn die jeweiligen innervierenden Spinalnerven funktionieren. Dazu wurde in der osteopathischen Denkweise der interessante Satz geprägt: „Wenn es kein funktioneller Schaden ist, dann ist es der Spinalnerv“. Diese Denkweise fasziniert mich immer wieder und führt zu erstaunlichen Resultaten.

FALLBEISPIEL: HERZRHYTHMUSSTÖRUNGEN

Vor einem Jahr besuchte in unserer Paracelsus Schule Münster eine Tierärztin mein Seminar „Moderne Diagnostik“. Wir besprachen parietale und viszerale Techniken der Osteopathie, und sie äußerte den Satz: „Na, dann können wir ja jetzt diese Techniken an meinem Hund ausprobieren.“
Ihr Hund hatte seit einiger Zeit Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen), die medizinisch nicht erklärbar waren. Der Mediziner spricht hier von Idiopathie. Durch Überprüfung des parietalen Systems des Hundes haben wir neben einer Rippenkopfläsion und der damit verbundenen Atemproblematik eine Restriktion im Bereich von TH2 und TH3 festgestellt. Aus der Anatomie ist bekannt, dass unter dem zweiten Brustwirbel das Ganglion coeliacum sitzt. Dieses kann, wenn es durch Verklebungen oder Wirbelrotationen getriggert wird, eine gestörte Reizweiterleitung zum Herzen verursachen. Nach Behebung der Rippenkopfläsion und Manipulation der vorderen Brustwirbelsäule schlug das Herz wieder in einem für den Hund normalen Rhythmus.

ZUSAMMENSPIEL DER ORGANE

Während sich Parietale Osteopathie mit Skelett, Gelenken und Muskulatur beschäftigt, befasst sich Viszerale Osteopathie mit der Behandlung der inneren Organe. Die meisten Organe im Bauch- und Beckenraum sind vom Bauchfell, im Brustraum von der Pleura umschlossen und durch Bindegewebe mit anderen Organen verbunden. Der Begriff „viszeral“ bedeutet „die Organe betreffend“. Diese sind über Bänder an Wirbelsäule, Zwerchfell und anderen Strukturen befestigt, stabilisieren sich aber auch gegenseitig. Die Verbindung von Organen untereinander bezeichnet der Osteopath als „gelenkige Verbindung“. Die Gesundheit eines Organs hängt dabei von freier Durchblutung, Beweglichkeit und einer offenen nervalen Versorgung ab.
Die Blutversorgung der Organe wird durch die Aorta abdominalis übernommen. Zusätzlich benötigen die Organe auch eine nervale Versorgung, die u.a. vom Nervus vagus (10. Hirnnerv) übernommen wird. N. vagus ist der einzige Hirnnerv, der den Kopf verlässt und die Organe mitversorgt. Durch eine kleine, V-förmige Öffnung im Zwerchfell, das den Atmungstrakt von den inneren Organen trennt (das Zwerchfell sitzt beim Hund unter TH10, TH11 oder TH12), ziehen drei Strukturen, die Aorta, der N. vagus (Hauptnerv des Parasympathikus) und der N. phrenicus, der ein reiner Atemnerv ist. N. phrenicus entlässt vor Durchtritt durch den Hiatus aorticus Fasern, die cranial am Zwerchfell sitzen, und nach dem Durchtritt einen Teil der Fasern, die caudal am Zwerchfell ansetzen. Diese Fasern leiten bei der Inspiration das „nach hinten gleiten“ des Zwerchfells ein und bei der Expiration das „nach vorne zurückgleiten“ wieder aus.
So kann ein verspannter Rückenmuskel zur Verengung des Hiatus aorticus führen sowie zu einer verminderten Blutversorgung durch die Aorta und die nervale Versorgung aller oder einiger Organe führen, sogar Atemprobleme auslösen. Daher ist es eine wichtige Aufgabe des Osteopathen, auch diese für den Körper wichtige Struktur zu überprüfen und zu behandeln.

OLAF MORRACK
TIERHEILPRAKTIKER

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Osteopathie und Physiotherapie für Hunde und Pferde, Arthrosebehandlung, Studienleiter der Paracelsus Schule Münster

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Fotos/Illustration ©: arahan – Adobe, A. Raths – Adobe, martialred – Adobe