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Fälle aus der THP-Praxis für die Praxis

VON MONIKA HEIKE SCHMALSTIEG

Heute möchte ich Ihnen Lui, einen Cocker Spaniel mit ockergelbem Fell, vorstellen, der damals 11 Monate alt war. Ich möchte behaupten, dass das einer meiner ungewöhnlichsten Fälle war. Mitte der 1990er-Jahre war es populär, Terrakottafliesen mit bis zu 1,5 cm breiten Zementfugen in den Landhäusern auszulegen. Völlig verzweifelt wandten sich die Hundebesitzer an mich, denn Lui schaffte es tatsächlich, mit seinen Zähnen Zement aus den Fugen zu schaben und diesen anschließend gierig aufzuschlecken. Den Besitzern ging es bei ihrer Sorge nicht um die Fliesen, sondern um Luis Gebiss, denn er war drauf und dran, sich damit seine Zähne zu ruinieren. Auch das Geräusch, das er dabei auslöste, war äußerst unangenehm. Sämtliche Futterumstellungen und Untersuchungen beim Tierarzt brachten keine Hilfe. Verhaltenstherapeuten versuchten sich dann in Konditionierung, allerdings auch ohne Erfolg.
Dann schaute ich mir Lui an. Er war etwas schwerfällig, eigensinnig, für sein Alter dicklich und ermüdete rasch. Aufgefallen war mir ein leicht aufgetriebener Bauch und deformierte Krallen mit deutlicher Brüchigkeit. Ich war mir sicher, dass er auch mit den Krallen in den Fugen scharrt. Allgemein wirkte er etwas stur und teilnahmslos, aber sein Blick deutete auf ein sehr empfindsames inneres Wesen hin.
Die Besitzer berichteten mit, dass er sich nach dem exzessiven Gescharre und Geschlecke völlig erschöpft auf den Boden lege und mit heraushängender Zunge einschlafe. Es bedurfte keiner langen Repertorisation und deutete klar auf Calcium carbonicum hin.
Viele Hunde zeigen oftmals die Symptomatik von Calcium carbonicum im Welpenalter und wechseln erst im erwachsenen Alter in ihr eigentliches Konstitutionsmittel.
Ich entschied mich für die LM-Potenz. Die Gabe von LM/Q-Potenzen ist milder als D/C-Potenzen. Denn einerseits ist keine Erstverschlimmerung im herkömmlichen Sinne zu erwarten, andererseits kann nach nicht eingetretener Wirkung problemlos die Potenz gewechselt werden. LM- und Q-Potenzen sind in ihrer Wirkung kürzer als andere Potenzen und können daher öfter gegeben werden. Sollten Nebenwirkungen aufgrund eines falschen Mittels auftreten, klingen diese bei LM- und Q-Potenzen rasch von allein wieder ab. Bei einer C-Potenz müsste zum Abklingen ein Antidot gegeben werden. Die Eigenschaften der LM- und Q-Potenzen eignen sich also besonders für junge Tiere.
Begonnen habe ich mit einer 2-tägigen, 2-maligen Gabe mit 5-maligen Aufschlägen zur Dynamisierung der Potenz. Schon nach der ersten Darreichung verringerte sich die Frequenz des Schabens in den Fugen. Nach zwei Wochen schien das Verhalten vergessen und es zeigte sich auch kein Ersatzverhalten. In der dritten Woche bekam Lui zur Sicherung noch eine Gabe und anschließend mit dem Schüßler-Salz Calcium fluoratum eine Kur. Die Krallen regenerierten sich, ebenso sein Gebiss, bis auf die leicht lädierten Fangzähne. Lui entwickelte sich zu einem agilen, typischen Cocker Spaniel mit fröhlichem Gemüt.

Dieser Fall ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Konstitutionstyp nicht nur bei Welpen, sondern auch im Laufe des Lebens wechseln kann.