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Inhalationstherapie bei Atemwegserkrankungen

Foto: © P. Shlykov – AdobeDas Thema Atemwegserkrankungen ist hochaktuell, denn sie gehören neben den Erkrankungen des Bewegungsapparates zu den häufigsten Beschwerden in der Veterinärmedizin. Tiere jeden Alters können von vielen verschiedenen Atemwegserkrankungen betroffen sein.
Die Atemwege dienen v. a. dem Ein- und Ausatmen von Luft und ermöglichen damit den Gasaustausch in der Lunge. Neben dieser lebenswichtigen Funktion ist der Atemtrakt beim Tier auch für das Riechen, das Bellen und die Regulation der Körpertemperatur von großer Bedeutung. Die Ursachen sind je nach Tierart und Erkrankung unterschiedlich.

DIE HÄUFIGSTEN FAKTOREN, DIE ATEMWEGSERKRANKUNGEN VERURSACHEN

  • Infektionen durch Viren und Bakterien
  • Parasiten- und Pilzbefall
  • Haltungsmängel: zu wenig Frischluft, Zigarettenrauch, Raumdüfte (bei Kleintieren), Staubbelastung (Großtiere), Unterkühlung etc.
  • Allergien, z.B. auf Pollen und Staub
  • Immunsuppression
  • Psychische Faktoren: Stress, Bewegungsmangel, Überforderung etc.
  • Anatomische Missbildungen innerhalb des oberen Atmungsapparates, Störungen der Selbstreinigungsfunktion des Atmungsapparates
  • Beim Pferd: leistungsinduzierte Lungenblutung
  • Fremdkörper und Neoplasien

DIE WICHTIGKEIT DES IMMUNSYSTEMS

Die meisten Atemwegserkrankungen sind komplexer, sie entstehen aufgrund mehrerer Ursachen und diverser Faktoren. Ein starkes Immunsystem schützt den Körper vor einer Infektion. Wie bereits erwähnt, spielen im Bereich der Atemwege Viren eine wichtige Rolle. Sie werden durch Niesen und Husten von Tier zu Tier übertragen. Eine Ansteckung zieht nicht zwangsläufig eine Infektionskrankheit nach sich. Bei einem gesunden Immunsystem bewirkt sie im Tier lediglich eine Aktivierung der körpereigenen Abwehr.

ATEMWEGSERKRANKUNGEN BEIM PFERD

Schätzungen zufolge leidet jedes vierte Pferd in Deutschland Jahr für Jahr an einer Atemwegserkrankung. Zwischen 11 und 17 Prozent der Pferde leiden sogar an einer chronischen Atemwegserkrankung. Pferde sind Fluchttiere, ihre gute Leistungsfähigkeit beruht auf gesunden Atmungsorganen.
Die multikausalen Faktorenkrankheiten des Atmungsapparates beim Pferd entstehen durch Belastungen in der Haltung, wodurch ein Leitkeim gute Chancen hat, eine zunächst milde Infektion auszulösen, durch die andere Keime die Möglichkeit zu einer Sekundärinfektion bekommen.
So ist z.B. die chronisch-obstruktive Bronchitis beim Pferd eine u.a. durch die Haltungsbedingungen verursachte chronische Erkrankung der unteren Atemwege. Überwiegende Haltung im Stall, Staub (v.a. Heustaub), Schimmelsporen, allergieauslösende Stoffe, nicht ausgeheilte Infektionen der oberen Atemwege und Bewegungsmangel können zur Entstehung einer chronisch-obstruktiven Bronchitis führen.

ATEMWEGSERKRANKUNGEN BEIM HUND

Die bekannteste infektiöse Atemwegserkrankung bei Hunden ist der Zwingerhusten. Ein anderes großes Problem in der Hundepraxis stellt das Brachycephalsyndrom dar. Brachycephale (kurznasige) Rassen, z.B. Mops oder Bulldogge, haben gegenüber anderen Rassen einen verkürzten Schä- del. Die verkürzte Nase mit ihren engen Nasenlöchern und dem kurzen Rachen mit zu langem Gaumensegel können zu inspiratorischen Atemproblemen führen. Folgeveränderungen des daraus resultierenden Unterdrucks können hervortretende Stimmbandtaschen, Kehlkopfkollaps und eine kollabierende Luftröhre sein. Es kann auch zu einer gestörten Thermoregulation kommen.

ATEMWEGSERKRANKUNGEN BEI DER KATZE

Etwa 1 Prozent aller Katzen in Deutschland leidet an felinem Asthma. Auch der Katzenschnupfen ist eine häufig diagnostizierte Erkrankung der Atemwege. Einige Rassen, z.B. die Main Coon, sind für Atemprobleme prädisponiert.
Katzenschnupfen ist ein Sammelbegriff für verschiedene Erkrankungen der oberen Atemwege (Nase, Hals, Luftröhre) und anderer Schleimhäute. Katzen übertragen gegenseitig Krankheiten, daher treten Probleme vermehrt an Orten mit vielen Tieren auf, z.B. in einer Katzenpension.
Genauso wie die Entstehung sind auch die Krankheitsbilder unterschiedlich. Husten ist dabei nur ein Symptom. Weitere sind Nasenausfluss, verklebte Nasenöffnungen, Futterverweigerung, Leistungsschwäche, erhöhte Temperatur, tränende und gerötete Augen, abnormale Atemgeräusche bis hin zu Atemnot. Zur Diagnosestellung muss das Tier gründlich untersucht werden. Jede Untersuchung beginnt mit einer Anamnese: Hierbei werden mit den Besitzern die Hintergründe der Problematik geklärt, also seit wann die Beschwerden bestehen, wie das Tier vorbehandelt wurde, wie es auf die Therapie reagiert hat, wie sich die Symptomatik äußert, wie das Tier gehalten wird, ob im Haushalt geraucht wird etc. Es muss klar sein, um welche Rasse es sich handelt, um Dispositionen zu erkennen. Auch die Frage nach der Fütterung ist von großer Bedeutung. Ist das Tier geimpft? Wenn ja, wann zuletzt und wogegen? Eine Impfung schützt nicht in jedem Fall vor der entsprechenden Erkrankung.

GANZHEITLICHER ANSATZ IN DER TIERHEILPRAKTIKER-PRAXIS

Wir Tierheilpraktiker arbeiten ganzheitlich, daher gibt es keine Information, die nicht von Bedeutung wäre. Im Rahmen der Allgemeinuntersuchung wird die Atmung beobachtet und beurteilt, ob sie regelmäßig ist. Wichtig ist auch die Frequenz, also wie viele Atemzüge pro Minute gemessen werden.
Hier muss man genau hinhören: Ist das Atmen zu hören? Hustet das Tier? Hustet das Tier bei Reizausübung auf den Kehlkopf? Klingt der Husten feucht oder trocken? Kommt er aus der Tiefe oder erscheint er kurz und oberflächlich? Hat das Tier Sekretspuren an Nase/Nüstern? Welche Farbe und Konsistenz hat das Sekret? Wie viel Sekret ist zu sehen? Bei ungeklärtem Husten sollte auch das Herz nicht vergessen werden. Husten kann ein Symptom für eine Linksherzinsuffizienz sein.
Auch ohne den Einsatz von Geräten kann man viel über das Tier erfahren. Aber die Untersuchung mit bestimmten Hilfsmitteln kann je nach Schweregrad der Erkrankung unerlässlich sein. So sollte z.B. die Untersuchung mit dem Stethoskop keinesfalls fehlen. Mit Plessimeter und Perkussionshammer kann in den Rippenzwischenräumen das Lungenfeld abgeklopft werden.

ZUR KLINISCHEN UNTERSUCHUNG GEHÖREN

Bakteriologische Untersuchung, Speichelprobe, Abstrich, Punktion, Ansaugen von Flüssigkeit und Blutuntersuchung (Blutbild, Blutgasanalyse, Entzündungsmarker, Allergiediagnostik). Je nach Erkrankung können weitere Untersuchungen wie Röntgen, Endoskopie, Lungenspülung, Ultraschall, Computertomographie etc. notwendig sein.

BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN

Die Therapie von Atemwegserkrankungen bei Tieren basiert immer auf einer konkreten Diagnose, jeder einzelne Fall bedarf einer individuellen Behandlung. Haltungsfehler müssen gefunden und abgestellt werden. Wichtige Maßnahmen sind Staubreduktion in der näheren Umgebung des Pferdes, ausreichend frische Luft sowie der Zugang zu qualitativem und einwandfreiem Futter. Bei Hunden kann ein Brustgeschirr anstatt einer Leine Abhilfe schaffen. Bei übergewichtigen Tieren ist eine Gewichtsreduktion anzustreben. Das Rauchen im Haushalt sollte eingestellt werden. Die wichtigsten Allergene, die in Verdacht stehen, Katzenasthma auszulösen, sind Zigarettenrauch, staubendes und parfümiertes Katzenstreu sowie Raumsprays. Kontakt mit Absonderungen ansteckender Tiere sollte unbedingt vermieden werden. Auch eine Wärmelampe oder Decke kann Abhilfe verschaffen. Das Immunsystem sollte immer gestärkt werden.
Werden Haltungsfehler nicht abgestellt, wird jede medikamentöse Behandlung eventuell wirkungslos bleiben und kann sogar zu weiteren Problemen, z.B. Nebenwirkungen, führen, da nur die Folgen, aber nicht die Ursache behandelt werden würden.

THP 1 21 Page18 Image1INHALATIONSTHERAPIE

Die Schulmedizin arbeitet viel mit entzündungshemmenden, bronchienerweiternden und schleimlösenden Medikamenten. Da insbesondere Kortison bei der systemischen Gabe zahlreiche, teils schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen kann, ist eine Medikamentenapplikation mittels Inhalation stets vorzuziehen. Hierbei gelangen die Wirkstoffe direkt in die Lunge und können dadurch viel niedriger dosiert werden.
Die Inhalation ist die wichtigste Behandlungsmethode bei Tieren mit chronischen Atemwegserkrankungen. Ihr Vorteil ist, dass sie lokal wirkt, sodass eine hohe Wirkstoffkonzentration direkt im betroffenen Gewebe ankommt. Benötigt wird nur eine geringe Dosis und die Wirkung tritt schnell ein. Das Risiko für das Auftreten unerwünschter Nebenwirkungen ist sehr gering. Im Pferdesport können bei dopingrelevanten Arzneimitteln die Nachweiszeiten möglicherweise verkürzt werden. Es werden verschiedene Arten von Inhalationstherapien unterschieden. Zum einen gibt es die Inhalation mit Hilfe eines Ultraschall- oder Kompressor-Inhalationsgeräts, bei dem die Trägerlösung (i.d.R. Kochsalz) mit dem zugefügten Medikament zu einem feinen Nebel verdampft wird. Zum anderen gibt es Dosieraerosole, bei denen das Medikament in einem Treibmittel gelöst ist. Bei der Inhalation einer Salzlösung hat man positive Effekte bei allen Atemwegserkrankungen, bei denen eine Verflüssigung des Schleims (Sekretolyse) angestrebt wird.
Im Fachmarkt sind spezielle Inhalationsgeräte für Tiere erhältlich, mit denen eine Inhalationstherapie auf einfache Weise durchgeführt werden kann.
Für Pferde sind v.a. akkubetriebene Ultraschallvernebler erhältlich. Diese Aerosolerzeuger erlauben es, das Arzneimittel direkt vor den Nüstern zu vernebeln, sodass das Aerosol danach über mehrere Atemzyklen inhaliert wird. Ein weiterer Vorteil dieser Masken besteht darin, die Pferde während der Inhalation bewegen zu können, um eine vertiefte Atmung zu erzielen.
Auch gibt es für den Einsatz von Dosieraerosolen beim Pferd spezielle Inhalationsmasken, die mit einem „Spacer“ ausgestattet sind. Hierbei wird das Aerosol mittels Sprühstoß zuerst in eine abgeschlossene Aerosolkammer mit Ventil- öffnung zum Pferd hin (Spacer) abgegeben und von dort mit den folgenden 5 – 10 Atemzügen inhaliert.
Häufig verbreitet sind auch Rauminhalatoren. Diese können in der Box oder in einem Pferdeanhänger aufgebaut werden. Einige Pferde lassen sich nur schwer an eine Maske gewöhnen. Rauminhalation bietet eine stressfreie und effektive Möglichkeit der Inhalation.

Inhalationsmöglichkeiten bei Kleintieren

  • Inhalation mittels Maske (Masken sind in drei verschiedenen Größen erhältlich)
  • Inhalation in einer Box

THP 1 21 Page19 Image1Die Inhalationsdauer richtet sich danach, welches Inhalationssystem Anwendung findet, ob es sich um einen akuten oder chronischen Verlauf handelt sowie nach der Schwere der Erkrankung.
Eine 20-minütige Inhalationstherapie täglich kann bei erkrankten Tieren zu einer wesentlichen Verbesserung des Allgemeinzustandes führen. Die Behandlungsdauer sollte mit dem Therapeuten abgesprochen werden. Wichtig ist, dass Maske und Schlauch nach jedem Gebrauch gereinigt werden, um keine Krankheitserreger von außen einzuschleusen. Rauminhalatoren müssen nicht nach jedem Gebrauch gereinigt werden.
In meiner Praxis findet ein mobiles Rauminhalationssystem ohne Maske und mit 100 Prozent Salzluft für Pferde Anwendung. Durch die Rauminhalation bietet sich die Möglichkeit, zwei Pferde gleichzeitig inhalieren zu lassen. Während der Anwendung kann das Pferd Heu fressen. Beim Einatmen verteilen sich die feinen Salzpartikel über das gesamte Atemwegssystem. Es ist außerdem möglich, das Inhalationsystem bei Kleintieren einzusetzen.

Einsatzgebiete des Rauminhalators in der Praxis

  • Stärkung der Abwehrreaktion der Atemwege
  • Erleichterung bei allergischem Husten und Schnupfen
  • Positive Wirkung auf das Immunsystem zum Abbau von Allergenen und Staubpartikeln
  • Erhöhung des Sauerstoffgehalts
  • Reduzierung von Entzündungen
  • Antibakterielle Wirkung
  • Lösung von Bronchialschleim
  • Minderung von Hautreizungen

NATURHEILKUNDE BEI ATEMWEGSERKRANKUNGEN

Sowohl naturheilkundliche als auch schulmedizinische Behandlungsmethoden haben ihre Daseinsberechtigung, beide können Hervorragendes leisten. Verfahren können sich ergänzen und dadurch zur besseren Wirkung führen. Jeder Behandler arbeitet mit anderen Therapiemethoden: Phytotherapie, Homöopathie, Komplexhomöopathie, TCVM u.v.m. kann angewendet werden, um Atemwegserkrankungen erfolgreich zu behandeln. Alle Methoden können hier nicht aufgezeigt werden, daher gehe ich im Rahmen dieses Artikels lediglich auf die Heilpflanzen näher ein.

PHYTOTHERAPIE

In der Phytotherapie finden wir für Tiere viele heilende Kräuter.

Heilpflanzen für Lunge und Atemwege sind zur Unterstützung einsetzbar bei

  • Virusinfektionen und grippalen Infekten
  • Begleitend bei bakteriellen Infekten
  • Allergisch bedingten Atemwegserkrankungen
  • Vorbeugend in Krankheit begünstigenden Situationen und bei schwachem Immunsystem
  • Chronischen Atemwegsinfektionen und Infektionen der Nasennebenhöhlen

Aus ausgewählten Kräutern können Tees und Aufgüsse hergestellt oder für die Dampfinhalation verwendet werden. Die Vorzüge der Dampfinhalation sind Durchwärmung des Organismus, Erleichterung des Abflusses des Nasensekrets und Verbesserung des Riechens. Das fördert den Appetit. Verklebungen an der Nase werden schonend aufgeweicht, es gibt kein Dosierungsproblem und die Inhalation kann ohne besondere Fertigkeiten durchgeführt werden. Wichtig ist, dass das Tier die Dämpfe einatmet, aber nicht mit dem heißen Wasser in Kontakt kommt. Deshalb muss der Behälter vor dem Umkippen geschützt und mit einem sich nicht erhitzbaren Gitter abgedeckt sein. Bei Kleintieren, die im Käfig inhalieren, kann die Wirkung erhöht werden, wenn man den Käfig unter einen Tisch stellt, der mit einem Tuch abgedeckt ist. Für große Tiere kann der dampfende Behälter unter den Kopf des Tieres gestellt werden. Mit einem Tuch werden die Dämpfe gezielt in die Nase geleitet. Lebhafte Tiere sollten mit einem Halfter oder im Fressgitter fixiert werden.
Pflanzliche Tinkturen oder ätherische Öle können auch mit Aerosol- und Ultraschallverneblern eingesetzt werden. Die pflanzlichen Wirkstoffe werden dadurch so zerstäubt, dass sie bis tief in die Lunge eingeatmet werden können.
Wärmende Wickel mit ausgewählten Heilpflanzen sind ebenfalls ein altbewährtes Hausmittel. Hergestellte Hustensäfte und Sirups werden mit Honig gesüßt, um die Tiere einerseits mit schnell verfügbarer Energie zu versorgen und die Akzeptanz zu verbessern, und andererseits, weil man beobachtet hat, dass dadurch die Drüsen der Schleimhäute angeregt werden, vermehrt dünnflüssiges Sekret zu produzieren.

DANIELA STEGMANNDANIELA STEGMANN

TIERHEILPRAKTIKERIN, KYNOLOGIN
UND ERNÄHRUNGSBERATERIN MIT EIGENER PRAXIS IN SOLTAU


TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

Ernährungsberatung für Pferde, Hunde und Katzen, Homöopathie, Phytotherapie, Blutegeltherapie, Enzymtherapie, Eigenbluttherapie

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