Kaninchen-Chinaseuche: Ist die Impfung empfehlenswert?
RABBIT HAEMORRHAGIC DISEASE – RHD 2
Als Tierheilpraktikerin einen Artikel über Impfen zu schreiben, werden einige von Ihnen als grenzwertig empfinden. Jedoch schreibe ich hier nicht ausschließlich als Tierheilpraktikerin, sondern vorwiegend als Tierhalterin! Als Besitzerin von 10 eigenen Langohren und als Mama von 14 Pflegekaninchen (darunter 12 entzückende Babys). Ich schreibe als besorgte „Hasenmama“, die gerade das Gefühl hat, sie säße auf einer Insel mit Tsunami-Warnung, und man weiß nicht, an welcher Stelle der Insel dieser Tsunami auftrifft.
Man liest viel über die Viren RHD und RHD 2. Ich versuche mich ständig auf dem Laufenden zu halten, über die Medien und das Internet. Jedoch hat der Mensch leider oft die Gabe, unangenehme Dinge vor sich herzuschieben und zu denken: „Uns wird es schon nicht treffen!“
Bis zu dem Tag, wo auch hier in der Nähe die Kaninchen starben, an dem mich traurige Patientenbesitzer und Kaninchenfreunde anriefen, um mir zu berichten, dass sie eines oder mehrere ihrer Tiere tot im Gehege gefunden haben. Symptomlos und ohne vorherige Anzeichen.
In mir breitet sich eine unbeschreiblich große Angst aus, und ich merke, dass der Tsunami eingeschlagen ist, und zwar genau dort, wo ich mich mit meinen Tieren befinde. RHD 2 hat nun auch eines der kleinsten Bundesländer, das Saarland, erreicht!
Worauf ich aufmerksam machen will
Die hämorrhagische Krankheit der Kaninchen, Rabbit Haemorrhagic Disease (RHD), ist eine seit den 1980er-Jahren bekannte Erkrankung, die durch das Calicivirus verursacht wird. Das Virus wird in erster Linie durch direkten Kontakt übertragen, eine Ansteckung ist jedoch auch über unbelebte und belebte Vektoren sowie Vehikel (Personen, Futter, Gerätschaften, Transportboxen, Insekten u.v.m.) möglich und wegen der hohen Tenazität des Erregers epidemiologisch von besonderer Bedeutung. Die Erkrankung ist durch einen perakuten Verlauf gekennzeichnet, der mit einer nekrotisierenden Hepatitis und einer generalisierten Gerinnungsstö- rung einhergeht. Es kommt zu hohem Fieber, Apathie, Fressunlust, und bei einigen Tieren zu blutigem Nasenausfluss. Klinisch erkrankte Tiere sterben innerhalb von 24–72 Stunden. Im Sommer 2010 trat in Frankreich und Spanien, später auch in Italien, eine neue Variante des Virus auf, die selbst bei geimpften Tieren eine Letalität von bis zu 50 Prozent verursachte. Das RHD-Virus ist zu RHD 2 mutiert.
Symptomlos, ohne vorherige Anzeichen, sterben zahlreiche Kaninchen. Einen zu 100 Prozenz wirksamen Impfstoff gegen RHD 2 gibt es bis dato in Deutschland nicht. Jedoch läuft ein Zulassungsverfahren, sodass voraussichtlich im Herbst ein Impfstoff auch hier in Deutschland auf den Markt kommen soll. In Frankreich und Spanien gibt es bereits Impfstoffe, die von deutschen Tierärzten über eine Ausnahmegenehmigung dort bezogen werden können. Bis es soweit ist und der ersehnte Impfstoff hier bei allen Tierärzten verfügbar ist, habe ich einige Maßnahmen getroffen, um die Ansteckungsgefahr für meine Tiere zu verringern:
- Fliegennetze an den Fenstern befestigen
- Fliegenfallen (Leimfallen) an den Fenstern und Decken (nicht in Reichweite der Kaninchen) anbringen
- Auf den Fensterbänken kleine Schüsselchen mit Lavendelöl und Citronellaöl aufstellen
- Töpfe mit frischem Lavendel, Basilikum und Zitronenmelisse im Haus verteilen
Und zum größten Leidwesen meiner Tiere habe ich die Fütterung von Grünfutter/Wiese eingestellt. Fliegen und v. a. Stechmücken übertragen das Virus von infizierten Wildkaninchen und Feldhasen auf unsere Hauskaninchen. Spaziergänge durch Wald und über Felder lasse ich komplett ausfallen. Zudem sind mir die Spinnen zu recht guten Helferlein geworden, sodass ihre Netze jetzt bleiben dürfen! Denn in den Netzen bleiben Fliegen kleben.
Und JA, ich stehe voll hinter der Impfung gegen RHD bzw. RHD 2 ebenso wie hinter der Impfung gegen Myxomatose! Ich empfehle auch meinen Patientenbesitzern, sich bei ihren Tierärzten zu informieren und ihre Kaninchen impfen zu lassen.
Auch wenn der neue Impfstoff gegen Chinaseuche 1 und 2 die Chance nur um wenige Prozent erhöht, dass unsere Tiere nicht qualvoll verenden, dann ist es mir die Sache auf jeden Fall wert. Auch wenn für mich heute schon klar ist, dass mich in den nächsten Jahren eine weitere Tsunami-Warnung trifft, nämlich wenn RHD 2 wieder mutiert ist. Denn für mich gilt der Satz: „Ein Leben ohne Kaninchen ist möglich, aber sinnlos!“
Quelle: StiKo Vet am FLI
SYLVIA RECH
TIERHEILPRAKTIKERIN
MOBILE TIERHEILPRAXIS IN FELSBERG/SAARLAND
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