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Neues Glück mit Tierschutzhündin Vita

210508 TerrasseIm November 2006 fuhr ich nach Gelsenkirchen ins Tierheim und nahm ihn für immer mit nach Hause: Basco – der Hund, der mein Leben veränderte. Ein schwarzer, völlig panischer, Leinen beißender Malinois-Mix, ohne den ich niemals Tierheilpraktikerin und Autorin geworden wäre. Drei Monate zuvor hatte ich ihn als ehrenamtliche Hundeausführerin kennengelernt. Er wurde schwer krank und war nach kurzer Zeit nur noch ein Schatten seiner selbst. Trotz schwieriger privater Umstände ließ ich mich auf die Herausforderung, ihn zu adoptieren, ein und kann heute sagen, dass es die beste Entscheidung meines Lebens war, wenn auch nicht immer leicht. Jeder Tag mit Basco war glücklich. Ich bin über mich selbst hinausgewachsen und lernte, Verantwortung zu übernehmen. Dafür hat er mich mit seiner Liebe überschüttet und durch eine schwere Zeit getragen.

UNSER SCHÄFERHUND MAX

14 Jahre später fand ich mich in einer ähnlichen Situation wieder. Privat ging es mir gut, doch die globale Krise brachte mich an den Rand der Verzweiflung. Unser Schäferhund Max, ein sonderbarer, sehr liebenswerter Schäferhund, den wir zwei Monate nach Bascos Tod vom Tierschutzverein Marsberg übernommen hatten, ging im Alter von 11 Jahren über die Regenbogenbrücke, nachdem er mich durch ein emotional sehr aufreibendes Jahr begleitet hatte. Max hatte einen Darmverschluss und fünf Monate später eine Magendrehung mit Milz-Extraktion überlebt. Anschließend lebte er noch zwei Jahre glücklich bei uns, was sicher auch an seiner unbändigen Freude und Dankbarkeit lag, nach all den Jahren an der Kette und im Zwinger. Ich weiß, es heißt, Hunde seien nicht dankbar, denn Dankbarkeit ist ein menschliches Gefühl, aber Max war trotz seiner schlimmen Vergangenheit immer fröhlich. Durch ihn konnte ich die faszinierendsten Kleinigkeiten des Alltags auf eine wunderbare Weise wieder neu entdecken. Er hat mich jeden Tag zum Lachen gebracht, auch, als ich mich in der Trauer um Basco fast verloren glaubte. Als Max fort war, fühlte es sich an, als hätte er die Freude mitgenommen. Die vielen witzigen Momente mit diesem Clown auf vier Beinen fehlten mir. Erst jetzt merkte ich, wie sehr er mich im letzten Jahr von den globalen Ereignissen und den täglichen Sorgen abgelenkt hatte. Auch wenn die letzten Wochen sehr anstrengend für mich waren, weil er stark abbaute und wir nur noch gemeinsam in unserer Gartenhütte leben konnten. Unzählige Male habe ich ihm „Ich liebe dich, mein Freund“ ins Ohr geflüstert und dieses Gefühl mit jeder Zelle meines Körpers wahrgenommen.

MEINE GROSSE ANGST

Max fehlte mir unendlich, den Gedanken an einen neuen Gefährten wollte ich jedoch nicht zulassen. Meine Praxis lief trotz des Corona-bedingten Lockdowns weiterhin gut und ich arbeitete an neuen Buchprojekten, netzwerkte viel und war aktiv in der Friedensbewegung tätig. Immer wieder stellte ich mir die Frage, ob ich einen neuen Hund gut versorgen könnte, und kam schließlich zu der Erkenntnis, dass ein neuer Hund zunächst nicht in mein Leben passte.
Via Facebook bin ich mit dem Tierschutzverein Marsberg verbunden und habe darüber die Geschichte von Vitra, einer bosnischen Straßenhündin, geteilt, die nach Deutschland kommen sollte und für die ein Pflege- bzw. Endplatz gesucht wurde. Sie wurde gemeinsam mit einem Rudel anderer Straßenhunde von Tierschützern gesichtet und in deren Obhut genommen. Auf den Fotos war eine zerzauste Schönheit undefinierbaren Alters zu sehen. Die Hündin berührte mein Herz, doch die Angst war größer als der Mut, zu einer neuen, nicht kalkulierbaren Herausforderung Ja zu sagen. Ich fühlte mich nach dem Abschied von Max lange Zeit nicht in der Lage für weitere Lektionen. Ich hatte genug gelernt durch die vielen Baustellen, die Max hatte, durch das Leben, durch die Pandemie und nicht zuletzt durch meine Patienten. Ich war des Lernens müde geworden und musste mir eingestehen, ich hatte Angst vor einem neuen Hund. Eigentlich ein völlig irrationales Gefühl, denn wovor sollte ich Angst haben? Was auch immer in der Zukunft geschehen würde, einem Tierschutzhund würde es bei uns auf jeden Fall besser gehen als in einem Tierheimzwinger.

THP 4 21 Page30 Image1TIERSCHUTZHÜNDIN VITRA

Die Vorsitzende des Tierschutzvereins hatte ich über den Tod von Max in Kenntnis gesetzt. Sie hatte diesen wunderbaren Hund mit all seinen Eigenheiten sehr geliebt und ihn damals vertrauensvoll in unsere Hände gegeben. Da Vitra sie sehr an Max erinnerte, schickte sie mir eine E-Mail mit Fotos von ihr und einem sehr lieben, unaufdringlichen Brief. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die zerzauste Hündin ja bereits auf Facebook geteilt. Insgesamt wurde Vitra dort über 600 Mal geteilt, doch Schäferhunde haben es im Tierschutz nicht leicht. Ein Ehepaar, das bereits zwei Hunde besitzt, stellte sich als Pflegestelle für Vitra zur Verfügung. Sie holten die Schäferhündin samstags ab und brachten sie montags wieder zurück, da sich die dominante, unkastrierte Hündin nicht in das bestehende Rudel integrieren ließ. Wir unterschätzen oft, wie schwer es einem Hund aus dem Ausland fallen muss, sich plötzlich unter ganz anderen Lebensbedingungen zurechtzufinden, auch wenn diese nach unseren Maßstäben um Längen besser sind als die vorherigen. Oftmals krank, überimpft und mit Spot-on-Präparaten behandelt, legen diese Hunde eine lange Anfahrt durch halb Europa zurück. Viele Hunde werden durch den Transport traumatisiert, wenn nicht genügend Pausen gemacht werden und die Tiere in ihren Exkrementen liegen müssen. Angekommen im Tierschutzverein oder in einer Pflegestelle, werden sie dann mit einem komplett neuen Leben konfrontiert. Fremde Menschen, fremde Sprache und oft sogar eine andere Klimazone. Nicht selten entwickeln diese Hunde Stresssymptome und benötigen viel Zeit und Geduld, um sich gut in einem neuen Zuhause einzuleben.
Die Besitzer sollten nicht gleich bei jedem Kratzen aufgeregt sein, denn das Tier ist möglicherweise nervös, da es viel zu verarbeiten hat, sowohl körperlich als auch psychisch. Bei manchen Hunden kommen auch Krankheiten zum Vorschein, die behandelt werden müssen. Bei Vitra war es ähnlich: Sie hatte aus Bosnien eine Mittelmeererkrankung (Hautwürmer) mitgebracht und bekam in der Tierpension noch eine Blasenentzündung, die medizinisch behandelt werden musste. Charakterlich war Vitra aber von Beginn an ausgesprochen verschmust und anhänglich. Bevor sie in Bosnien auf der Straße gelandet war, muss sie mit Menschen gelebt haben, das war ganz offensichtlich. Ob sie ausgesetzt wurde oder fortgelaufen ist, wissen wir nicht, doch in der Obhut des deutschen Tierschutzvereins machte sie einen guten Eindruck. Sie schien niemanden zu vermissen und war einfach glücklich im Hier und Jetzt. Die Vorsitzende des Tierschutzvereins wollte Vitra gerne so schnell wie möglich in beste Hände abgeben und dachte dabei an mich. Doch ich war resistent, die Unsicherheit legte sich wie ein Schleier über mein Herz.
Als ich ihr nach mehrmaligen Versuchen, mein Herz doch noch zum Schmelzen zu bringen, endgültig absagte, schrieb sie mir, dass sie meine Entscheidung sehr bedauerte und sich jetzt mit einem interessierten Ehepaar in Verbindung setzen würde. Ich war beruhigt und sicher, dass diese Leute wunderbar als neue Besitzer für Vitra geeignet wären. Kennt ihr das Gefühl, wenn man sich etwas vormacht, der Bauch aber schon längst weiß, dass die Wahrheit anders aussieht? Einige Tage danach wachte ich morgens auf und wusste, dass wir sie holen würden. Meine Angst war plötzlich weg und ich hoffte, dass Vitras Interessenten sie nicht adoptieren würden. Ich öffnete meinen Laptop und fand eine E-Mail der Vorsitzenden des Tierschutzvereins mit den Worten „Vitras Interessenten haben bereits einen anderen Hund. Sie wartet auf dich!“
Nun ist Vitra ein Teil unseres Lebens, fast so, als wäre sie nie fort gewesen. Freundlich, zauberhaft, aber auch eigenständig. Oft liegt sie in unserer Nähe, manchmal verlässt sie die Küche durch die Hundeklappe, um auf der Wiese oder der Terrasse Platz zu nehmen und stolz ihr Grundstück zu überblicken. Sie buddelt unter den Sträuchern, geht für ihr Leben gerne spazieren und tobt voller Freude durch den Garten. Ihre gesundheitlichen Baustellen nehme ich wahr und behandle sie, aber sie dominieren nicht unseren Alltag. Ich bin viel ruhiger und gelassener geworden.

VITA – DAS LEBEN

Wir haben Vitra umbenannt in Vita – das Leben. Vita ist für mich weitaus mehr als ein neuer Hund im Haus. Sie ist wie ein neues Familienmitglied, das mich wie ein Kind morgens aus dem Bett wirft. Vita ist mehr als eine Hündin, mit der ich lange Waldspaziergänge machen kann. Sie ist neugierig in unser Leben gestolpert und liebt jeden Menschen. Als ich Ja zu ihr gesagt habe, habe ich Ja zum Leben gesagt, mit allen Konsequenzen. In dem Moment, als sie in unser Wohnmobil sprang, habe ich Ja gesagt zur Zukunft und dem festen Glauben, dass am Ende alles gut sein wird. Es ist mir eine Freude, andere Menschen zu motivieren und ihnen Mut zu machen. Diesmal hätte mich der Mut beinahe selbst verlassen. Vita hat mich daran erinnert, wie wichtig es ist, niemals die Hoffnung zu verlieren.

SeelenhundDEIN SEELENHUND ZEIGT DIR DEN WEG
Ein Praxis-Leitfaden für eine gesunde & glückliche Mensch-Hund-Beziehung
SUSANNE ORRÙ-BENTERBUSCH
SCHIRNER VERLAG
ISBN 978-3843415002

Foto Susanne BenterbuschSUSANNE ORRÙ- BENTERBUSCH
TIERHEILPRAKTIKERIN

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Mykotherapie, Phytotherapie, Aromatherapie, Homöopathie, Akupunktur, Bioresonanz, Autorin

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