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Das Canine-Wobbler-Syndrom - Wenn die Halswirbelsäule „wackelt

Die Bezeichnung „Wobbler-Syndrom“ wirkt im ersten Moment etwas irreführend, beschreibt aber tatsächlich eine Erkrankung der Halswirbelsäule und des Hals-Rückenmarkes, die auf das englische Wort „to wobble“, also wackeln oder schwanken, zurückgeht und eine klinisch erkennbare Koordinationsstörung aufgrund einer Schädigung des Rückenmarkes beschreibt. Der medizinische Begriff „Zervikale Spondylomyelopathie“ (ZSM) beschreibt die Erkrankung zwar etwas genauer, gibt aber keinen Hinweis auf die Ursache.

IN PRAXIS

Kommt ein Hund, der wie betrunken läuft, in die Praxis, liegt der Verdacht auf das Vorliegen eines Wobbler-Syndroms nahe. Die Schritte der Vorderhand passen nicht zu denen der Hinterhand, die Hinterpfoten schleifen über den Boden, allgemein wirkt der Hund sehr instabil. Den Kopf trägt er tief gesenkt, ein Anheben vermeidet er. Zur sicheren Abklärung sollte der Hund zu einem Tierarzt geschickt werden, der die Vermutung dann bestätigt.

WAS GENAU VERSTEHT MAN UNTER DEM WOBBLER-SYNDROM?
WELCHE SYMPTOME GIBT ES, UND WIE KÖNNEN WIR DIESE HUNDE THERAPEUTISCH UNTERSTÜTZEN?

Beim Canine-Wobbler-Syndrom kommt es zu einer chronisch fortschreitenden oder wiederkehrenden Kompression auf das Rückenmark im unteren Bereich der Halswirbelsäule. Im Rückenmark verlaufen Nervenstränge, die über Durchlässe in der HWS in die Peripherie ziehen und die Kopf-Hals-Region innervieren. Vermehrter Druck auf Rückenmark/ Nervengewebe kann zu motorischen Ausfällen führen. Ursachen hierfür sind z.B. eine Erkrankung der Bandscheibe, Abszesse, Tumore, zu schnelles Wachstum durch überreiches Futter (zu viel Kalzium) oder eine angeborene Veränderung der Wirbelsäule.
Erste Anzeichen können Beschwerden beim Aufstehen sein oder ein leicht ataktischer, vorsichtiger Gang. Betroffene Hunde zeigen oft einen breitbeinigen Stand. Die Symptome steigern sich über Wochen bis Monate. In einigen Fällen führt das zu einer Nachhandschwäche, gepaart mit schwankendem Gang. Das Gangbild weist zwei verschiedene Gangmuster auf. Die Vorhand „tippelt“, die Nachhand führt große, ausfallende Schritte aus. Dieses Gangbild bezeichnet man als „twoengine-gait“, zu Deutsch „zwei-motorischer Gang“. Manche Hunde schleifen mit den Krallen der Hinterhand über den Boden. Eine gelegentliche Steifheit des Halses und der Vorderhand sind möglich. Oft haben die Hunde Schmerzen, tragen den Kopf tief und möchten ihn nicht anheben. Das passive Bewegen des Kopfes ist unangenehm. Auch können die Hunde Muskelatrophien (Muskelschwund) aufweisen. Selten kommt es zu plötzlich auftretenden kompletten Lähmungen der Beine durch ein Trauma.
Hauptsächlich betroffen sind große bis mittelgroße Hunderassen mit langen, kräftigen Hälsen, wie die Deutsche Dogge, der Deutsche Schäferhund oder der Dobermann im Alter von 6 Monaten bis 8 Jahren. Aber auch der Barsoi, der Dalmatiner, der Rhodesian Ridgeback und einige andere Rassen können im Alter von 5 bis 8 Jahren betroffen sein. Die Anzahl der Rüden ist doppelt so hoch wie bei Hündinnen.
Meist wird das Wobbler-Syndrom im Anfangsstadium konservativ mit Kortison und Schmerzmitteln behandelt, im späteren Verlauf kann eine Operation nötig sein. Alternativ können wir als Tierheilpraktiker die schulmedizinische Therapie sehr gut unterstützen.

THERAPIEMÖGLICHKEITEN ZUR UNTERSTÜTZUNG DER SCHULMEDIZIN

Die begleitende Therapie besteht z.B. aus Physiotherapie unter Einbeziehung des Unterwasserlaufbandes. Hierbei werden Muskulatur und Gangbild schonend trainiert. Muskelentspannungen mithilfe eines Novafons, Massagetechniken oder einer Heißen Rolle helfen die angespannte Muskulatur zu entlasten. Koordinations- und Gleichgewichtstrainings mit Trampolin oder Schaukelbrett stellen ebenso effektive Therapien beim Wobbler-Syndrom dar. Des Weiteren bietet sich gezieltes Muskelaufbautraining der Hals-, Rücken- und Bauchmuskulatur an. Diese Muskulatur stabilisiert die Wirbelsäule, kann sie entlasten und Schmerzen verringern.
Spezielle Gummiringe (Toe-Grips), die auf die Krallen geschoben werden, können eine große Hilfe sein. Der Hund erlangt dadurch mehr Halt, ein Wegrutschen auf glatten Böden wird verhindert.
Tapes, die die Pfoten in eine Dorsalextension ziehen und dem Hund Pfotenschleifen oder Überköten erschweren, werden erfolgreich angewandt. Diese Tapes tragen Hunde, genau wie die Toe-Grips, Tag und Nacht.
Zusätzlich stellt die Akupunktur eine gute Unterstützungsmöglichkeit der Therapie dar. Die Ernährung sollte überprüft und angepasst werden.
Wobbler-Hunde sollten keinesfalls ein Halsband tragen, da dies die HWS zusätzlich belastet. Ein gutsitzendes Geschirr ist auf jeden Fall anzuraten. In der ersten Zeit der Therapie sollten sich die Hunde möglichst wenig unkontrolliert bewegen, am besten an der Leine gehalten und die Spaziergänge kurz gewählt werden. Springen sollte unbedingt vermieden werden.
Hunde mit Wobbler-Syndrom benötigen Vitamin B12, da es geschädigte Nervenstrukturen schützt. Auch Vitalpilze, Teufelskralle, Weihrauch, Weidenrinde, MSM und CBD-ÖL können, individuell eingesetzt, sehr hilfreich sein.

VERENA TEIWES

TIERHEILPRAKTIKERIN
HUNDEPHYSIOTHERAPEUTIN

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
Hundephysiotherapie, Ernährungs- und BARF-Beratung für Hunde, Manuelle Therapien und Unterwasserlaufband

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Foto:  © Sinnlichtarts – Adobe