Esel mit Klugheit und Verstand
Kaum ein anderes Haustier hatte früher eine so große Bedeutung wie der Esel. Ein edles Wildtier, das die Weiten der Wüsten beherrschte und als Symbol für Stolz, Freiheit und Unbeugsamkeit stand. Der Vorfahre aller heute lebenden Hausesel ist der Afrikanische Wildesel (Equus asinus africanus). Sein ruhiges und ausdauerndes Verhalten haben dem Esel aber nicht nur Freunde gebracht. Zu Beginn des 4. Jahrtausend vor Christus nutzten die Menschen nur sein Fleisch, seine Milch und sein Leder. Später setzten ihn die Römer als Arbeitstier ein. Heutzutage findet man Esel überall, auch auf der holländischen Insel Texel, die eigentlich für ihre Schafhaltung bekannt ist. Inzwischen ist sie auch die Heimat vieler Esel. Fast überall auf der Insel begegnet man den Vierbeinern mit den langen Ohren.
Mein erstes Eseltreffen fand in der Nähe von de Koog statt. Dort durfte ich Theun de Winter, einen berühmten Journalisten, Dichter und Eselliebhaber, kennenlernen, der einst sieben Esel besaß. Heute hat er nur noch zwei: Iris und Dusty. Seine Liebe zu diesen Tieren begann schon in jungen Jahren, als sein Vater ihm die Geschichte des tapferen Esels I-Aah aus Disneys Winnie Puuh erzählte. Spricht Theun über Esel, beginnen seine Augen zu leuchten und ein verschmitztes Lächeln zieht sich über sein Gesicht. In den 1990er-Jahren gründete er einen Eselverein, dem inzwischen viele berühmte Niederländer angehören. Der Slogan des Vereins ist „Der Esel ist ein vorbildlicher Mensch.“ Esel sind viel intelligenter, als man denkt. Sie sind vorsichtig, sensibel und haben ein sehr gutes Gedächtnis, so de Winter. Von Dummheit oder Starrsinn kann keine Rede sein. Im Gegensatz zu Pferden besitzen sie keinen natürlichen Fluchtreflex und bleiben, wenn es brenzlig wird, einfach stehen. Auf den fehlenden Fluchtreflex ist auch zurückzuführen, dass Esel kaum Reaktionen auf Schmerz, Angst oder Krankheit zeigen.
Arbeit auf der Koppel
Zunächst prüfte ich den Ernährungszustand von Iris und Dusty, und beurteilte ihn als gut. Bei Eseln, die ideal ernährt sind, zeigt sich ein fließender Übergang zwischen Hals und Schulter. Mit leichtem Druck lassen sich die Rippen fühlen. Rücken und Lenden weisen eine gut entwickelte Muskulatur auf, auch die Hüftknochen sind tastbar. Die Untersuchung der Wirbelsäule ergab bei beiden Eselinnen Blockaden im Hals und Rücken. Diese können äußerst schmerzhaft sein. Ich lockerte die Verspannungen seitlich der Wirbelsäule mit einer speziellen Massagetechnik, die ich in den USA lernte. Beide Tiere sprachen gut darauf an und liefen anschließend wesentlich runder.
Petra Jericke hört die Lunge ab. PAT-Werte für die Atmung: 20 (12 – 44) Atemzüge/Minute
ESELSMILCH IST E INE MAGISCHE SUBSTANZ
25 – 4 5 Liter Milch gibt eine Eselin in zwei Jahren, eine Kuh 25 Liter am Tag. Eselsmilch ist ein guter Ersatz für Kuhmilch und eignet sich für Allergiker. Zudem ist sie gesünder und verträglicher. Auch in der Kosmetik findet Eselsmilch ihren Platz. Mit den hochwertigen Inhaltsstoffen Vitamin A, B, C und allen Aminosäuren wird sie in vielen Hautpflegeprodukten eingesetzt. Da die Milchproduktion beim Esel sehr rar ist, hat die Milch ihren Preis: 1 Liter Eselsmilch kostet etwa 50 Euro, was im Verhältnis zur Kuhmilch ein kleines Vermögen darstellt.
ESEL- GELATINE
Weltweit nimmt der Handel mit Eselshaut zu und die Nachfrage in der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) steigt. Eselshaut gilt dort als Wundermittel mit verjüngenden Eigenschaften. Nach jahrelangen Kampagnen von PETA Deutschland und internationalen Organisationen hat die Afrikanische Union im Februar 2024 ein Gesetz erlassen, das das Töten von Eseln wegen ihrer Haut auf dem afrikanischen Kontinent verbietet.
DER TEUERSTE KÄSE DER WELT
Pule (serbisch: Eselfohlen) besteht aus Eselsmich vom Balkanesel (60 Prozent Esel und 40 Prozent Ziege). Ein Kilo Pule kostet 1.200 Euro. Hergestellt wird Pule nur an einem einzigen Ort: in Zasavica, einem Naturreservat in Serbien.
Hier werden Blockaden im Rückenbereich gelöst. Theun de Winter sieht begeistert zu
Darüber hinaus sprachen wir über Darmprobleme, die bei Theun de Winters Eseln früher immer wieder vorkamen. Genau genommen ist der aus der Wüste stammende Esel in unseren Breiten ein Exot. Unsere nährstoffreichen Weiden und das feuchte Klima machen ihm zu schaffen. Seine Vorfahren begnügten sich mit kargen Gräsern, Kräutern und Zweigen. Die Verdauungseffizienz von Hauseseln ist wesentlich höher als bei Pferden. Darmprobleme sind die häufigste Ursache von falschem Futter. Das leckere Brot, das gerne von Kindern gegeben wird, gehört nicht in den Eselmagen. Es kann zu ernsthaften Verdauungsproblemen wie Durchfall und Koliken kommen, die nicht selten mit dem Tod enden.
Die richtige Ernährung
Der sehr hohe Bedarf an Rohfaser und das Knabberbedürfnis spielen beim Esel eine große Rolle. Da Esel einen kleinen Magen besitzen, sollten zusätzlich zum Weidegang mehrmals am Tag Heu und Stroh angeboten werden. Das entschärft die Gefahr einer Magenüberdehnung. Für eine geregelte Verdauung benötigen Esel Holz in Form von Borken, Ästen, Zweigen und Büschen. Diese können von ungiftigen Arten wie Weide, Birke, Buche, Hasel und Obstbäumen stammen. Auch kommen Esel im Vergleich zu Pferden mit relativ wenig Wasser aus. Trotzdem sollte frisches Wasser immer in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Mein Weg führte mich weiter in den romantischen Norden der Insel zu Bianca Peereboom. Bianca und ich kennen uns seit geraumer Zeit und ich durfte schon mehrmals ihre Tiere untersuchen. Ihr gehört „De Volharding“, eine Eselzuchtfarm, die auf mediterrane Miniesel spezialisiert ist. Ich inspizierte die Haltung und Behausung ihrer Tiere und erfuhr bei einer Tasse Tee mit Keksen, wie Bianca zu den Eseln kam. Sie erzählte, dass sie 2002 einen Zoo besuchte und dort auf Miniesel traf, in die sie sich sofort verliebte. Seitdem gingen ihr die Tiere nicht mehr aus dem Kopf und sie begann, sich mehr und mehr mit dem Mittelmeer-Miniesel zu beschäftigen. Schnell entdeckte sie, wie besonders und selten diese Rasse ist, und fing an zu züchten. Anfangs waren es nur fünf Esel, später zwölf, mit denen sie von Assendelft nach Texel zog. Wir sprachen über potenzielle Huferkrankungen ihrer Tiere, und sie erklärte mir, dass die Bodenbeschaffenheit auf Texel eher sandig sei, was den Hufen von Eseln zugutekommt, wenn man bedenkt, aus welchem Ursprungsland sie kommen. Hufprobleme hätte sie bisher noch nie gehabt, lässt die Hufe aber auch immer wieder kontrollieren. Wir sprachen über Parasiten, dabei speziell über den Lungenwurm (Dictyocaulus arnfieldi), der ein großes Thema bei Pferden ist, beim Esel jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt. Da Bianca ihre Esel regelmäßig entwurmt, ist das Einnisten dieser Nematode eher unwahrscheinlich. Bei der Besichtigung ihrer Ställe ist mir aufgefallen, dass sie äußerst großen Wert auf das Wohlbefinden ihrer Tiere legt. Angefangen von einem hochqualifizierten Heu bis hin zum Wellnesstall. Alles vorhanden um es den Minis so angenehm wie möglich zu machen. Ein trockener und windgeschützter Stall sollte bei jedem Eselbesitzer vorhanden sein. Denn das Fell von Eseln ist im Gegensatz zu Pferden mit einer geringen Eigenfettung ausgestattet. Es durchnässt schnell und bietet nur wenig Schutz vor Regen und Feuchtigkeit.
Petra Jericke auf dem Gelände der Miniesel
Bianca Peereboom mit Petra Jericke
Glückliches Eselwälzen
ENTDECKUNG E INES NEUEN HEPAT IT IS- B-V IRUS
2021 testeten Wissenschaftler auf fünf Kontinenten ca. 3.000 Proben von Eseln, Pferden und Zebras auf Hepatitis-B-Viren. Sie isolierten einen neuen Virustyp, der bei Eseln weltweit vorkommt. Das Virus wurde auch in Zebras gefunden, und es wird vermutet, dass Pferde ebenso empfänglich sind. Laut Universität Gießen verläuft eine Infektion ähnlich wie beim Menschen. Eine Übertragung von Tier auf Mensch sei aber weitgehend auszuschließen.
Links: Gesunde Augen, gesunde Nüstern
Rechts: Blick auf den Zahnstatus – hier ist alles bestens
Links: Petra Jericke kontrolliert die Herztöne
Rechts: Theun de Winter und Henkjan Klok
Die Eselfarm „De Volharding“ verfügt über einen kleinen Campingplatz, sodass sich hier sehr gut ein kleiner Urlaub zur Ruhe und Entspannung anbietet. An diesem wunderschönen Ort wird einem schnell klar, wie schön und friedvoll die Anwesenheit von Eseln ist.
Allgemeiner Status
Die Atmung bei Eseln sollte stets unbeschwert und geräuschlos sein. Jegliches Atemgeräusch deutet auf eine Erkrankung hin und muss abgeklärt werden.Die sichtbare Nasenschleimhaut bei unbelasteten Tiere ist zartrosa, glatt, glänzend und nicht sehr feucht. Sekretfluss aus den Nüstern ist ein Hinweis auf eine gesundheitliche Störung. Klarer Ausfluss kann eine allergische Reaktionen sein, trüber oder gelblicher Ausfluss ein entzündlicher Prozess. Die Augen eines gesunden Esels sind klar und glänzend. Ständiger Tränenfluss oder Fellverfärbungen an den Augenwinkeln können z. B.
Esel spiegeln genau wie Hunde die Gedanken der Menschen wider.
durch Zugluft entstehen und auf eine bakterielle oder virale Konjunktivitis hinweisen.
Der korrekte Huf
Grundsätzlich ist der Eselhuf im Aufbau mit dem Pferdehuf vergleichbar. Lediglich Statik, Proportionen und Anatomie unterscheiden sich. Eselhufe sind ovaler als Pferdehufe. Der Strahl- und Ballenbereich ist deutlich zurückgesetzt. Seitenwände und Hufwinkel sind wesentlich steiler. Der Vorderhuf hat eine optimale Tragwandwinkelung von 55 Grad, beim Hinterhuf sind es 60 Grad. Die Trachten sollten halb so lang sein wie die Zehe, also ein Verhältnis von 1:2 aufweisen. Esel sind an ein Leben in flachen, steinigen, sandigen oder bergigen Wüstengebieten adaptiert. Daher wachsen ihre Hufe schnell nach und sind extrem hart, aber auch elastisch. Bei feuchtem Klima ist auf eine besondere Pflege der Hufe zu achten. Zu nasse Erde, Kot oder Steine sollten auf keinen Fall im Huf verbleiben, da Esel ansonsten in kürzester Zeit eine durch Fäulnisbakterien hervorgerufene Strahlfäule entwickeln können.
Links: Ein süßer Eselskuss
Rechts: Der Vorfahre aller Esel ist der Somali-Wildesel
PAT-WERTE ESEL
Körpertemperatur: 37,1 °C (36,2 °C – 37,8 °C)
Atmung: 20 (12 – 44) Atemzüge/Minute
Puls: 44 (3 6 – 68) Schläge /Minute
PETRA JERICKE
Heilpraktikerin Tierheilpraktikerin
Orthomolekularmedizin, Labordiagnostik, Parasitologie, Mykotherapie, Horvi-Therapie, Phytotherapie, Dozentin an den Paracelsus Gesundheitsakademien