Megacolon-Syndrom: Fallbericht Kaninchen
Das Megacolon-Syndrom ist eine erblich bedingte Erkrankung des Darms beim Kaninchen. Jedoch kann sich ein Megacolon-Syndrom auch durch eine lang andauernde Verstopfung bei gleichzeitiger weiterer Futteraufnahme oder assistierter Fütterung entwickeln. Der Nahrungsbrei kann nicht ausgeschieden werden und staut sich an einer Stelle des Darms, der sich unnatürlich ausweitet.
Kaninchen mit Megacolon-Syndrom, erblich oder nicht erblich bedingt, leiden unter folgenden Symptomen:
- Entwicklungsstörung der Jungtiere
- Instabile Verdauung; oft Wechsel zwischen Obstipation und Diarrhö
- Matschkot, unförmige Köttel, Kot wird eher als Haufen ausgeschieden
- Tendenz zum Endoparasitenbefall (überwiegend Kokzidien und Hefen)
- Abmagerung trotz großer Futteraufnahme; durch Disposition des Colons ist eine Resorption der Nährstoffe sehr erschwert und durch ständige Diarrhö kann der Körper nur wenig Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe aufnehmen
- Schlechtes Immunsystem
- Bei zu spätem Erkennen oder mangelnder Behandlung: früher Tod
Eine sichere Diagnose kann nur durch eine Röntgenaufnahme und/oder Sonographie erlangt werden. Ein Tastbefund reicht nicht aus!
Der Fall Amy
Im August 2015 kontaktierte mich eine besorgte Kaninchenbesitzerin. Ihre Kaninchendame Amy (5 Monate alt) leide fast seit Geburt unter ständiger Diarrhö und nun nach einer Kokzidienbehandlung an einem Hefenbefall, der mir nach Untersuchung einer Kotprobe bestätigt wurde. Außerdem hat Amy ständig ein „Gluckern“ im Bauch.
Im Rahmen der Anamnese fielen die großen Ohren, die langgezogene Gesichtsform und der unterentwickelte Körperbau auf. Zudem stellte sich heraus, dass Amy kaum an Gewicht zunimmt, obwohl sie sich noch im Wachstum befindet. Amy stammt aus einer unüberlegten Vermehrung (Inzucht) und eines ihrer beiden Geschwister ist schon verstorben.
Die Bekämpfung der Hefen erwies sich als sehr schwierig. Angepasste Fütterung, kolloidales Silber bis 100 ppm und Fibreplex führten zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Daher musste leider eine Behandlung mit Nystatin-Pulver (ohne Zucker) eingeleitet werden, die nach 14 Tagen endlich einen negativen Befund hinsichtlich der Hefen brachte. Trotzdem bestanden weiterhin die Diarrhö und das laute Gluckern im Abdomen und es zeigte sich keinerlei Gewichtszunahme. Sämtliche Versuche, den Durchfall bzw. Matschkot einzustellen, scheiterten spätestens nach drei Tagen.
Ich überwies Amy an eine Tierärztin und bat ihre Besitzerin, diese bei der Untersuchung auf das Megacolon- Syndrom hinzuweisen. Auf der daraufhin erstellten Röntgenaufnahme war das Ausmaß der Erkrankung dann deutlich zu erkennen.
Die Diagnose war ernüchternd und wir wussten nun, dass eine 100%ige Heilung von Amy ausgeschlossen war. Nun musste herausgefunden werden, welche Futtermittel das Kaninchen am besten verträgt.
Bewährt hatten sich:
- Frische Kräuter, bevorzugt Dill
- Fenchel mit Grün
- Möhrenkraut
- Staudensellerie
- Petersilienwurzel
- Endiviensalat
- Chicoreesalat
- Löwenzahn
- Kürbiskerne
- Zweige von Heidelbeere und Haselnuss
Von Futtermitteln mit hohem Stärke- bzw. Zuckergehalt sollte abgesehen werden, um einen wiederkehrenden Hefenbefall zu vermeiden. Durch die Fütterung von Cuni Complete Sensitive (Fa. Versele) konnten wir eine leichte Gewichtszunahme erreichen. Auch auf die Pellets Grainless Herbs von JR Farm sprach Amy gut an. Durch die wechselnde Gabe von Nux-Vomica-Ampullen (2 ml, 1x täglich oral) und Heilerde konnte der Durchfall reduziert werden. Zudem erhielt Amy täglich Vita-B-Komplex von Rodicare und MicroMineral von cdVet, um die Defizite im Vitamin- und Mineralstoffhaushalt auszugleichen. Zum Aufbau eines geschundenen Darms sprach Amy gut auf Mucosa comp. und Colosan von Plantavet an. Zudem standen Amy Heu in Bio-Qualität und Kräutertees ununterbrochen zur Verfügung.
Beim Megacolon-Syndrom gibt es keine 100%ig sichere Behandlung. Es muss getestet werden, welche Futtermittel das Tier verträgt und welche Heilmittel am besten anschlagen. Jedes Tier reagiert unterschiedlich!
Wir haben erreicht, dass Amy sich wieder auf den Bauch legt, um sich auszuruhen, aber auch, dass sie durch die Gegend rennt und Haken schlägt. Vor zwei Wochen wurde sie mit ihrem Partner Merlin, einem kastrierten Bock, vergesellschaftet und beide sind auf einem guten Weg, gemeinsam durchs Leben zu flitzen.
Amys anfängliches Gewicht vor der Diagnose: 899 g
Amys Gewicht heute: 1191 g
Da geht also noch was!
SYLVIA RECH
TIERHEILPRAKTIKERIN MIT MOBILER TIERHEILPRAXIS IM RAUM SAARLOUIS
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