Ernährung von Haustieren: Fleisch-, Pflanzen- oder Allesfresser?
Mensch und Tier brauchen Nahrung, um zu überleben. Doch sind unsere Haustiere Allesfresser wie wir? Betrachtet man die Tierwelt im Gesamten, so wird schnell klar, dass die verschiedenen Tierarten ganz unterschiedliche Nahrung bevorzugen und auch verschiedene Techniken aufweisen, um an diese zu gelangen. Ob ein Tier zu den Fleisch-, Pflanzen- oder Allesfressern zu zählen ist, hängt mit seinem Verdauungssystem zusammen. Demnach sind Hund und Katze den Fleischfressern zuzurechnen, da sie sich in freier Natur von Beutetieren, also Fleisch, ernähren. Der aus den Mägen der Beutetiere stammende Pflanzenanteil fällt so gering aus, dass er für die Klassifizierung nicht ins Gewicht fällt.
Unterschied Fleischfresser vs. Pflanzenfresser
Die Begrifflichkeit leitet sich vom Lateinischen ab: Fleischfresser (Carnivore) setzt sich aus den Wörtern „carnis" = Fleisch und „vorare" = fressen zusammen. Pflanzenfresser (Herbivore) kommt von „herba" = Pflanze und „vorare" = fressen. Eine Mischform stellt der Allesfresser (Omnivore) dar: „omni" = „alles“. Fleischfresser haben im Vergleich zum Pflanzenfresser ein Raubtiergebiss, das ihnen hilft, ihre Beute zu zerreißen. Das schaffen sie mit ihren spitzen Eck- und den messerscharfen Backenzähnen, mit denen sie sogar Knochen durchbeißen können. Die Zähne von Pflanzenfressern sind hingegen flach, denn sie müssen ihre aufgenommene Nahrung nicht beißen, sondern malmen und zerreiben, um die wichtigen Nährstoffe freizusetzen.
Fleischfresser haben einen einfach gebauten einhöhligen Magen und einen kurzen Magen-Darm-Trakt, da die aufgenommene Nahrung überwiegend aus Fleisch besteht und die Anforderungen an das Verdauungssystem daher verhältnismäßig gering sind, denn Fleisch ist reich an Nährstoffen und gut verdaulich. Der Magen-Darm-Trakt von Pflanzenfressern unterscheidet sich erheblich von dem der Fleischfresser. Innerhalb der Pflanzenfresser gibt es zwei Gruppen: die Wiederkäuer (Ruminantia), zu denen Rind, Schaf und Ziege zählen, und die Dickdarmverdauer, zu denen Pferd, Kaninchen und Meerschweinchen gehören. Dickdarmverdauer verfügen wie Fleischfresser über einen einfach gebauten einhöhligen Magen, der jedoch im Gegensatz zum Fleischfresser nie vollkommen leer ist. Da sie im Magen die aus den Pflanzen freigesetzte Zellulose nicht abbauen können, verfügen sie über einen riesigen Dickdarm, der bei diesen Tieren das Hauptverdauungsorgan darstellt. Er ist aus großen Gärkammern zusammengesetzt, in denen die schwer verdauliche Zellulose bakteriell aufgespalten wird. Beim Wiederkäuer erfolgt dies durch portionsweises Wiederkäuen (Regurgitation) des Futters. Durch die erneute Zerkleinerung des Futters wird die Oberfläche vergrößert, sodass die Mikroorganismen der verschiedenen Magenanteile (Pansen, Netzmagen, Blättermagen, Labmagen) das Futter effizienter zersetzen und Zellulose aufspalten können.
Unterschied Hund vs. Katze
Während Hunde als Rudeljäger ihre Beute teilen müssen und deshalb alles schnell und fast unzerkaut hinunterschlingen, gehören Katzen zu den Einzeljägern, die ihre Beute sorgfältig zerlegen und auch besser kauen. Durch ihre raue Zunge sind Katzen in der Lage, selbst den letzten Fetzen Fleisch noch vom Knochen zu schaben. Katzen sind, was ihre Nahrung betrifft, extrem wählerisch und wer denkt, er könne seine Katze durch die Methode „Friss oder stirb“ zum Fressen zwingen, der irrt. Katzen würden eher verhungern, als Nahrung zu sich zu nehmen, die ihnen nicht zusagt. Und zusagen tut ihnen fast ausschließlich Fleisch! Anders der Hund. Hunde haben durch ihre sehr enge Bindung an den Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten an regionale Gegebenheiten ausgerichtet, wie der Mensch. Die meisten Hunde fressen, was sie kriegen können und machen dabei, wenn man sie lässt, auch vor Kot und Aas nicht halt. Im Gegensatz zu Katzen sind Hunde nicht ausschließlich auf Fleisch programmiert und zählen nicht wirklich zu den Fleisch-, sondern zu den funktionellen Allesfressern. Deshalb können Hunde auch gut vegetarisch ernährt werden, Katzen nicht. So ist auch die Behauptung, dass der Hund verdauungstechnisch dem Wolf sehr ähnlich ist, nicht korrekt. Zudem konnte unlängst in Studien und genetischen Untersuchungen bewiesen werden, dass der Hund über eine weitaus bessere Kohlenhydrat-Toleranz verfügt als der Wolf. Deshalb sind Getreidezumischungen in herkömmlichem Hundefutter auch nicht so dramatisch schlecht, wie sie von vielen selbsternannten Ernährungsexperten immer wieder dargestellt werden.
Wie sollte also die perfekte Nahrung für Hund und Katze aussehen?
Eine allgemeingültige Formel gibt es nicht. Da sich Katzen am Geruch und am Fleischanteil orientieren, hat man bei ihnen wenig Spielraum für Ernährungsexperimente. Auch lassen sie sich nicht von hochwertigem Futter oder reinem Fleisch beeindrucken. Es gibt Katzen, die nur Billigfutter aus dem Supermarkt fressen, während andere nur Premiumfutter und wieder andere nur Barf fressen. Katzen, die weder rohes noch gekochtes Fleisch lecker finden, werden sich auch bei allem Bemühen nicht zum Barfen hinreißen lassen, und eingefleischte Rohfleischfresser werden jedes Futter aus dem Supermarkt oder Zoofachhandel links liegen lassen. Diese Probleme hat man mit Hunden in der Regel nicht. Sie fressen fast immer alles! Wer Nass- oder Trockenfutter aus dem Supermarkt oder Zoofachhandel verfüttert, kann nichts falsch machen, solange es sich um Alleinfuttermittel handelt. Und wer barft, muss sich am Bedarf seines Hundes oder seiner Katze orientieren und entsprechend essenzielle Nährstoffe, die im Fleisch nicht oder nicht ausreichend enthalten sind, zusetzen. Gleiches gilt auch für Vegetarier, die aus ethischen Gründen ihren Hund vegetarisch ernähren wollen. Zwar wird der Hund ein echtes Stück Fleisch immer einem Sojaschnitzel vorziehen, aber er wird bei richtig durchgeführter vegetarischer Ernährung sicherlich genauso alt wie jeder mit Fleisch ernährte Hund.
DR. ISA FOLTIN
TIERÄRZTIN, RADIOLOGIN, DIPLOM-JOURNALISTIN
TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE
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