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Dicke Luft im Pferdestall: Schadstoffquellen erkennen

Foto: Castenoid – FotoliaEin Pferd mit einem Körpergewicht von 550 Kilogramm atmet im Ruhezustand etwa 12 Mal pro Minute und nimmt dabei insgesamt 60 Liter Luft auf. Pro Tag strömen somit ca. 86.000 Liter durch die Lungen eines Pferdes und damit ca. 8 Mal so viel wie bei uns Menschen. Luft ist Leben und somit ist es sehr wichtig, wie die Luft des Pferdestalls beschaffen ist. Denn durch die Atemluft nimmt das Pferd auch Schadstoffe und gesundheitsgefährdende Mikroorganismen auf, die sich im Stall oder im Pferdezubehör befinden. Experten schätzen, dass heutzutage rund 1000 verschiedene chemische Substanzen in einem Gebäude vorzufinden sind, u. a. auch Schadstoffe, die die Gesundheit beeinträchtigen können. Und das gilt nicht nur für Wohn- und Bürogebäude. Auch in Pferdeställen findet man unzählige Chemikalien. Die Wechselwirkung dieser Chemikalien sowohl untereinander als auch mit verschiedenen Umweltfaktoren macht es unmöglich, die Auswirkungen auf den tierischen Organismus abzuschätzen. Grenzwerte bestehen nur für sehr wenige Chemikalien. Verbote sind absolute Ausnahme.

Schadstoffquelle
Holz und Holzschutzmittel

201601 Luft2Gerade im Bereich von Stallungen werden naturgemäß zahlreiche Baustoffe aus Holz verwendet, die mit Holzschutzmittel behandelt wurden. Zwar sind die in den 1970er- und 1980er-Jahren häufig verwendeten Holzschutzmittel wie Xyladecor und Xylamon mit den Schadstoffen PCP und Lindan nicht mehr im Handel, allerdings können auch noch Jahrzehnte nach der Behandlung Schadstoffe aus dem Holz entweichen. Sie lagern sich z. B. im Staub an, belasten auf diesem Weg die Luft im Stall, gelangen über Atmung oder Futteraufnahme in den Organismus und beeinträchtigen die Gesundheit des Pferdes.

Bei lange anhaltenden Belastungen mit Holzschutzmitteln, v. a. mit den Schadstoffen PCP, DDT und Lindan, werden folgende Symptome in Zusammenhang gebracht: Hauterkrankungen, Schwächung des Immunsystems, Leberschäden, Stoffwechselstörungen, Krämpfe, Verhaltensauffälligkeiten, Leistungsschwäche usw.

Während das als krebserzeugend geltende PCP 1989 in Deutschland verboten wurde, darf Lindan immer noch in den Handel gebracht werden. Allerdings wurde Lindan in vielen der jetzigen lösemittelhaltigen Holzschutzmitteln durch andere insektizide Stoffe wie Permethrin ersetzt.

Schadstoffquelle
Pferdezubehör

Permethrin ist nicht nur in Holzschutzmitteln enthalten, sondern auch im Pflanzen- und Textilschutz sowie bei der Schädlingsbekämpfung im Einsatz. Permethrin findet man auch in Insektensprays. Einige Hersteller von Pferdedecken verwenden den insektiziden Wirkstoff ebenfalls zur Fliegenabwehr. Permethrin wurde von der US-Umweltbehörde EPA als „möglicherweise krebserregend“ beim Menschen eingestuft. Permethrin beeinträchtigt das Nervensystem und gilt als Nervengift. Der Kontakt mit dem Stoff kann beim Menschen zu Juckreiz, Haarausfall und Allergien führen. Diese Symptome gleichen den Symptomen des Sommerekzems bei Pferden, welches sich mit allergischen Reaktionen und Juckreiz bemerkbar macht. Da diese Pferde dann erst recht mit Insektenspray eingesprüht werden oder Fliegendecken bekommen, die eventuell mit Permethrin behandelt wurden, kann das Permethrin durch die offenen Hautstellen über das Blut in den Organismus gelangen. Es stellt sich hier die Frage: Ist ein Sommerekzem wirklich immer ein Sommerekzem oder kann es sich dabei auch um eine Reaktion aufgrund eines biozidhaltigen Produktes (Insektenspray, Decke usw.) handeln?

Schadstoffquelle
Stallmatten

201601 Luft3Stallmatten scheinen viele Vorteile zu haben. Sie gelten aufgrund ihrer Elastizität als huf- und gelenkschonend, sind rutschfest und isolierend. Diese Elastizität hat jedoch ihren Preis. Viele Stallmatten werden aus recycelten Gummireifen hergestellt, die polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten. PAK finden sich v. a. in Teerölen, die Gummi als Weichmacheröle zugesetzt werden. PAK besitzen gesundheitsschädliche Eigenschaften, insbesondere wird das Benzo(a)pyren von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IRAC) als „krebserregend“ eingestuft. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Fruchtschädigung und Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit. Da die Stallmatten nicht immer abriebstabil sind, lösen sich Teilchen und binden sich mit Staubpartikeln. Die Stallmatten können nach längerem Gebrauch porös werden, da die Weichmacher aus dem Material ausdünsten. Über die Atemwege gelangen dann die PAK in den Organismus. Dies ist jedoch auch über die Haut oder die Futteraufnahme möglich. Um die menschliche Gesundheit vor den Gefahren zu schützen, die von PAK ausgehen, legt die EU Grenzwerte für gummi- und kunststoffhaltige Verbraucherprodukte fest. Seit Dezember 2015 sind Verbraucherprodukte verboten, die eines der acht krebserregenden PAK von mehr als 1 mg/kg enthalten. Zu diesen Produkten zählen v. a. Spielzeug- und Sportartikel sowie Werkzeuge, wobei für Spielzeuge und Babyartikel ein Grenzwert von 0,5 mg/kg gilt. Diese Werte beziehen sich aber nur auf Produkte für den menschlichen Gebrauch, für Stallmatten gibt es nicht einmal ansatzweise Grenzwerte. Die in einigen Stallmatten vorgefundenen PAKWerte überschreiten jedoch deutlich den seit Dezember 2015 neu eingeführten Grenzwert für Verbraucherprodukte. Insofern gilt auch hier: Was dem Menschen schadet, kann für unsere Pferde nicht gesund sein!
Werden die Matten und der Boden darunter nicht regelmäßig gereinigt, können sie eine Brutstätte für Mikroorganismen sein. Bei wasserdurchlässigen Matten kommt hinzu, dass Flüssigkeit durch feine Poren abläuft und sich in diesen Bakterien sammeln und vermehren.

Schadstoffquelle
Tränken und Futtertröge

201601 Luft4Aber nicht nur in Stallmatten können sich Schadstoffe und Mikroorganismen befinden, sondern auch in Pferdetränken, Trinkgefäßen und Futterbehältern. Werden diese nicht regelmäßig gereinigt, bildet sich ein Biofilm, der aus Bakterien, Algen und Pilzen besteht. Gerade in den Sommermonaten vermehren sich gesundheitsgefährdende Hefepilze aufgrund der warmen Temperaturen sehr stark, da eine warme und feuchte Umgebung idealer Nistplatz für Hefepilze ist. Bei Hefepilzen denken wir meist an die Backhefe, die zur Herstellung eines Hefeteiges verwendet wird oder an der Gärung von Bier beteiligt ist. Es gibt jedoch auch Gattungen von Hefepilzen, die die Gesundheit unserer Pferde beeinträchtigen können. Zu diesen gesundheitsgefährdenden Hefepilzen gehört z. B. der Candida albicans. Pferde, die ein gesundes Immunsystem haben, können die durch Nahrung oder Umwelt aufgenommenen schädlichen Hefepilze bewältigen. Von Pilzerkrankungen betroffen sind v. a. Pferde, die ein geschwächtes Immunsystem haben (z. B. durch Stress oder Krankheit) oder deren natürliche Darmflora (z. B. durch Antibiotikatherapie) geschädigt wurde.
Bei einer Pilzinfektion sollte auch immer der Lebensraum des Pferdes genauer nach einem Pilzherd untersucht werden, da dieser permanent für „Pilz-Nachschub“ sorgt.
Einige Hersteller haben in ihrem Produktsortiment Tränkesysteme oder Gefäße mit antibakterieller Wirkung. Hier stellt sich jedoch die Frage, wie die antibakterielle Wirkung erzielt wird. Oft wird die antibakterielle Eigenschaft durch in die Produktoberfläche eingearbeitete Biozide wie Triclosan hergestellt. Hinzu kommt, dass laut Herstellerangaben nur bestimmte Bakterien abgetötet werden, wie z. B. Eschericia coli oder M. luteus. Die keimabtötende Wirkung bezieht sich auf eine genau definierte Gruppe von Bakterien (Wirkungsspektrum). Andere resistente Bakterien und Pilze, u. a. Hefepilze, können sich weiterhin ungehemmt vermehren. Es ist also nicht davon auszugehen, dass Tränkesysteme und Behälter mit antibakterieller Wirkung auch tatsächlich frei von gesundheitsgefährdeten Mikroorganismen und somit keimfrei sind. Da aber auch die vom Hersteller angegebenen Bakterien nicht zu 100% abgetötet, sondern diese nur zu einem bestimmten Prozentsatz in ihrem Wachstum gehemmt werden, ist eine Resistenzbildung zu befürchten, die durch Kreuzresistenz (ähnliche Wirkungsmechanismen) auch zur Antibiotikaresistenz führen kann. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät dazu, „Triclosan nur im ärztlichen Bereich anzuwenden, um Resistenzbildung vorzubeugen“. Der vermehrte Einsatz von Triclosan oder anderen Bioziden in Produkten fördert somit das vermehrte Aufkommen von multiresistenten Keimen.

Unabhängig davon, mit welchem Verfahren die antibakterielle Wirkung des Tränksystems und des Behälters erzielt wurde, es werden nie alle Bakterien abgetötet. Oft hemmt die antibakterielle Produktoberfläche nur das Wachstum einiger weniger Bakterienstämme und die wachstumshemmende Wirkung für diese wenigen Bakterien geben die Hersteller mit einem Wirkungsgrad von bis zu 90% an, was bedeutet, dass der Wirkungsgrad auch wesentlich geringer sein kann. Ohne regelmäßige Reinigung der Behälter oder des Gefäßes können sich andere Bakterien und Pilze ungehemmt weiter vermehren. Eine antibakterielle Wirkung bedeutet also nicht, dass die Produkte frei von schädlichen Mikroorganismen sind. Auch diese Produkte müssen regelmäßig gereinigt werden. Hinzu kommt, dass die Biozide, die die antibakterielle Wirkung herstellen, durch das Herauslösen aus den Produkten über das Trinkwasser oder Futter in den Organismus der Pferde gelangen können.

Fazit

Im Winter kann die Schadstoffbelastung der Pferde größer sein, da Pferde zu dieser Jahreszeit mehr Zeit im Stall verbringen und sowohl Türen als auch Fenster verschlossen werden. Indem ein geringerer Luftaustausch stattfindet, kann sich im Stall die Schadstoffkonzentration erhöhen.
Nicht alle Pferde im gleichen Stall zeigen bei erhöhter Schadstoffbelastung die gleichen Symptome, da jeder Organismus unterschiedlich reagiert und es von der Konstitution des einzelnen Pferdes abhängt.

KARIN STAHL KARIN STAHL
BAUBIOLOGIN IBN IN NÜRNBERG, GEOMANTIN, DOZENTIN

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TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

  • Messung von Elektrosmog
  • Analyse von Schadstoffen
  • Auffinden von Schimmel- und Hefepilzen
  • Identifizieren von Störzonen

Fotos: © Castenoid – Fotolia, Wylezich – Fotolia, mahey – Fotolia, Funke – Fotolia, bofotolux– Fotolia

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