Tierwissen für Kids: Der Spatz
Mama nennt mich immer „Mein Spatz“ – Wie lebt der Spatz eigentlich?
Mein Name ist Marlene. Ich bin 8 Jahre alt und bin „Mamas Spatz“. Ich habe schon oft Spatzen in unserem Garten gesehen. Einmal hat ein Spatzenkind beim Fliegenlernen sogar meine Schulter als Landeplatz genutzt. Aber ich kann einfach keine Ähnlichkeit entdecken zwischen diesem Vogel und mir. Jetzt habe ich mir überlegt, dass ich mal schaue, wie so ein Spatz eigentlich lebt. Und ich habe wirklich Glück, denn an einer Nische zwischen Dach und Wand an unserem Haus haben sich dieses Jahr Spatzen eingenistet.
Im Frühjahr konnte ich sehen, wie die Spatzen begannen, ihr Nest zu bauen. Erst einmal warfen sie alles, was in der Nische störte, raus. Anschließend haben sie aus Gras, Halmen und Moos ein Nest gebaut und dieses mit Federn ausgepolstert. Als das Nest fertig war, hat Friederike, wie ich die Spatzenfrau getauft habe, fünf Eier gelegt und diese ausgebrütet. Warum ich das so genau weiß? Ich habe mir aus einem Besenstiel und einem Schminkspiegel (von Mama) eine Beobachtungsvorrichtung gebaut, mit der ich vom Balkon aus in die Nische schauen kann. Während Friederike brütete, versorgte Herbert, ihr Ehemann, sie mit Nahrung. Er brachte ihr Samen, Früchte, Beeren und Insekten. Übrigens bleiben Spatzen, wenn sie sich einmal füreinander entschieden haben, immer zusammen. Da Spatzen bis zu 10 Jahre alt werden können, ist das ganz schön lange! Friederike und Herbert kann man gut unterscheiden. Obwohl beide ungefähr 14 Zentimeter groß werden und ca. 30 Gramm wiegen, ist Friederikes Kopf hellbraun mit einem Augenstrich, ihr Rückengefieder ist blassbraun und sie hat eine helle Unterseite. Herbert hat einen grauen, kastanienbraun eingefassten Scheitel, weiße Wangen, braunes Rückengefieder und eine schwarze Kehle, die ins Brustgefieder übergeht.
Spatzen leben am liebsten mit anderen Spatzen zusammen in Kolonien. Dabei ist zwischen den Nistplätzen ein Abstand von mindestens 50 Zentimeter. Ich selber habe ja auch gerne Familien mit Kindern in der Nachbarschaft. Dann kann Mama mit der Nachbarin einen Kaffee trinken und plaudern, und ich kann in der Zwischenzeit mit meiner Freundin Helene Trampolin springen. Wenn sich die Spatzen unterhalten, hört man das am typischen „tschilp-tschilp“. Obwohl der Passer domesticus, wie er in der Fachsprache genannt wird, zu den Singvögeln gehört, ist die Auswahl seiner Zwitscherlaute weniger abwechslungsreich als bei anderen Vögeln. In unserer Sandkiste im Garten und auch im kleinen Gartenteich sitzen die Spatzen oft zusammen und baden im Wasser oder im Sand. So halten sie ihr Gefieder sauber und frei von Parasiten. Wenn ich mich im Sommer am Strand so im Sand wälze, dann sagt Mama, ich sei ein Dreckspatz. Ich glaube, ich muss ihr mal erklären, dass das eine Spatzenwäsche ist.
Friederike saß 14 Tage auf ihren Eiern. Die weißen Eier mit den dunklen Flecken waren unterschiedlich groß. Das ist deswegen so, weil je nach Wetter die Küken Vor- oder Nachteile davon haben, ob sie größer oder kleiner auf die Welt kommen, wie Biologen erst kürzlich herausgefunden haben. Und das tatsächlich mit Auswirkungen auf das ganze Vogelleben. Damit auf jeden Fall ein paar kräftige Junge dabei sind, sorgen die Spatzenmütter auf diese Weise dafür, dass wenigstens das eine oder das andere ihrer Kinder die zum Wetter passenden Voraussetzungen mitbringt. Nach dem Schlüpfen ihrer fünf Küken blieben sie noch einmal 16 Tage im Nest. In dieser Zeit haben Herbert und Friederike viel damit zu tun gehabt, die hungrigen Jungvögel mit Insekten zu versorgen. Erst wenn sie größer werden, kommen auch Sämereien hinzu.
Schon im Nest trainieren die Küken ihre Flügel, obwohl diese noch keine Flugfedern haben, damit die Muskeln kräftig genug sind, wenn es dann so weit ist, das Nest zu verlassen. Herbert und Friederike haben ihre fünf Kinder auch 10 Tage, nachdem sie begonnen haben, selbstständig zu fliegen und nach Nahrung zu suchen, weiterversorgt. Es war sehr niedlich zu sehen, wie einer der Jungen auf unserem Balkon saß und Herbert ihm eine kleine Mücke in den Schnabel steckte. Ich weiß jetzt, dass es sinnvoll ist, einen jungen Haussperling, wie der Spatz auch heißt, in Ruhe zu lassen, auch wenn er aussieht, als sei er aus dem Nest gefallen. Seine Eltern kümmern sich auf alle Fälle um ihn. Und wenn den Eltern etwas passiert ist, helfen andere Spatzen aus der Kolonie, die kleinen Waisenkinder zu versorgen.
In dieser Zeit sind die Spatzen natürlich besonders leichte Beute für Katzen, Ratten, Eichhörnchen und Falken, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Den Winter verbringen diese Vögel gemeinsam mit den anderen aus ihrer Kolonie in Hecken, dichtem Efeu oder in Höhlen unter Dachvorsprüngen. Sie suchen in dieser Zeit ihre Schlafplätze schon früher auf. Um den Winter gut zu überstehen, wird ihr Federkleid dichter.
Allerdings hat es der Spatz heute nicht leicht. Es fehlt ihm immer mehr an passenden Nistplätzen, weil Hecken und Nischen, die er bevorzugt, verschwinden, und es fehlt ihm an Nahrung, weil es zu wenig verwilderte Grünflächen gibt. Bittet doch mal eure Eltern, ihren Garten etwas wilder und natürlicher zu gestalten. Wenn ihr Wasser- und Sandschalen dort aufstellt und auch in der warmen Jahreszeit für ein zusätzliches Nahrungsangebot sorgt, helft ihr mit, dass der Spatz sich wieder vermehren kann. Denn obwohl wir ihn häufig sehen, steht er doch auf der Liste der bedrohten Vogelarten.
Was ich noch gelernt habe, ist, dass Spatzen ihr Nest gemütlich ausstatten, aber nicht so sehr auf Ordnung bedacht sind. Wenn meine Mama das nächste Mal sagt, ich soll mein Zimmer aufräumen, werde ich ihr antworten, dass ich ihr Spatz sei und daher einfach nicht so viel Wert auf diese Art der Ordnung lege, solange ich es gemütlich finde. Mal sehen, was sie dazu sagt …
Fotos: © : lifeonwhite – Adobe, Robin – Adobe, Vera Kuttelvaserova – Adobe, fotomaster – Adobe (2), zhagunov_a – Adobe, Tomasz und 23613051 – Adobe