Ach du dicke Katze! Gewichtsreduktion durch Ernährungsberatung
Teil 1 – Grundlagen der Rationserstellung
Der erste Part dieses zweiteiligen Artikels geht auf die Grundlagen der Ernährungsberatung und Rationserstellung zur Gewichtsreduktion bei Katzen ein. Im nächsten Magazin wird anhand eines konkreten Falles aus der Praxis gezeigt, wie erfolgreich das Abnehmprogramm einer Katze verlaufen kann, wenn die Besitzer motiviert sind und die Vorgaben konsequent umsetzen.
Dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend folgend werden auch die Katzen in Deutschland immer dicker: Etwa 50 % der „Stubentiger“ sind als übergewichtig (Gewicht > 10 % des Idealgewichtes) bzw. als stark fettleibig/adipös (Gewicht > 20 % des Idealgewichtes) anzusehen. Genau wie beim Menschen hat das Übergewicht auch für die Katze gravierende gesundheitliche Folgen: Das überschüssige Gewicht überlastet auf Dauer die empfindlichen Gelenke, sodass es zu vermehrtem Verschleiß und schließlich zu einer sehr schmerzhaften Arthrose kommt. Das Herz-Kreislauf-System wird ebenso stark belastet wie die Stoffwechsellage, sodass fettleibige Katzen oft einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) entwickeln. Das Immunsystem wird geschwächt, die Anfälligkeit für Krankheiten, nicht zuletzt auch für die Entstehung bösartiger Tumore, nimmt zu. Erkrankungen der ableitenden Harnwege treten bei übergewichtigen Katzen gehäuft auf, ebenso Haut- und Fellprobleme. Alles in allem kann man davon ausgehen, dass das Übergewicht der Katze ihr etwa zwei Lebensjahre raubt.
Umso wichtiger ist es, die Besitzer dafür zu sensibilisieren, dass ihre übergewichtige Katze ein ernsthaftes gesundheitliches Problem hat und nicht einfach nur „untergroß“ ist (wie Kater Garfield verharmlosend sagt). Ist das gelungen, kommt es darauf an, das Übergewicht der Katze mithilfe eines genau angepassten Ernährungsplanes zu bekämpfen. Ein solcher Ernährungsplan sollte durch eine fachlich kompetente und entsprechend ausgebildete Ernährungsberatung erfolgen, damit sichergestellt ist, dass das Tier auf gesunde Weise sein Idealgewicht erreicht.
Abnehmen – aber wie?
„FdH“ kann gefährlich sein
So leicht, wie das überschüssige Gewicht angefüttert bzw. angefuttert wurde, so schwierig ist es leider auch, es wieder loszuwerden. Die zunächst naheliegend erscheinende Maßnahme, einfach weniger vom gewohnten Futter zu füttern, kann leicht zu gesundheitlichen Schäden durch Mangelernährung führen. Dies resultiert daraus, dass handelsübliches Katzenfutter von den Herstellern für den Erhaltungsbedarf konzipiert ist. Das heißt, Proteine, Vitamine und Mineralien im Futter sind so ausgelegt, dass eine Katze, die die vom Hersteller vorgegebene tägliche Menge des Futters verzehrt, ausreichend versorgt ist. Problematisch ist, dass der Energiegehalt vieler Futter den Bedarf einer Katze, insbesondere einer eher ruhigen, kastrierten Wohnungskatze, teils deutlich übersteigt. Mit der Zeit wird sich somit Übergewicht einstellen. Füttert man nun (deutlich) weniger als die vom Hersteller empfohlene Tagesration, kann dies dazu führen, dass die Katze nicht mehr ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt ist. Um einen gesunden Gewichtsverlust zu erreichen, führt kein Weg an einer individuell zusammengestellten und hinsichtlich der Bedarfsdeckung durchgerechneten Ration vorbei.
Diätetische Prinzipien
Eine solche Ration sollte einen erhöhten Proteingehalt haben, um zu verhindern, dass die Katze während der Reduktionsdiät Muskulatur anstelle von Fett abbaut. Der Fettanteil sollte gering sein. Ein hoher Anteil an unlöslichen Fasern/ Ballaststoffen trägt zu einem besseren Sättigungsgefühl bei. Dies ist sehr wichtig, denn wenn die Katze ständig um Futter bettelt, wird die notwendige strikte Einhaltung des Fütterungsplanes kaum gelingen, da der Besitzer diesem Betteln in aller Regel nachgeben und kleine Extras füttern wird.
Ausmaß des Übergewichtes und Festlegung des Idealgewichtes
Einen ersten Anhaltspunkt liefert das Wiegen der Katze. Handelt es sich um eine Rassekatze, gibt der jeweilige Rassestandard Auskunft darüber, in welchem Rahmen sich das Idealgewicht bewegen sollte. Bei einer „normalen Hauskatze“ liegt es zwischen 3,5 und 5,5 kg.
Da das reine Körpergewicht (KG) aber nur bedingt mit der Körperfettmasse korreliert, ist es wichtig, auch die Körperzusammensetzung (Verhältnis Körperfett zu fettfreier Muskelmasse) zu beurteilen. Hier hat sich als alltagstaugliches Instrument, das auch vom Tierhalter (nach Anleitung durch den Tierarzt oder Tierheilpraktiker) gut genutzt werden kann, die Anwendung des Body Condition Scoring (BCS) bewährt: Hier geht es darum, die Körperzusammensetzung, also das subkutane und das abdominale Fettgewebe sowie die oberflächliche Muskulatur, visuell und durch Palpation zu beurteilen. Die Ergebnisse werden fünf verschiedenen Kategorien zugeordnet (siehe Tabelle), wobei ein BCS von 3 dem Idealgewicht entspricht. Jeder 0,5-Punkte-Schritt auf der BCS-Skala entspricht einer Gewichtszunahme von 10 – 15%.
Eine Katze mit BCS 4 hat also ein Übergewicht von 20 – 30% (= 120 – 130% des Idealgewichtes), bei BCS 4,5 liegt das Übergewicht bereits bei 30 – 45% (= 130 – 145% des Idealgewichtes).
Das Idealgewicht einer übergewichtigen Katze wird dann unter Bezugnahme auf die Ergebnisse des BCS festgelegt: Idealgewicht = 100/Prozentsatz des Idealgewichtes x aktuelles Körpergewicht.
Eine Katze mit BCS 4,5/5 und einem Körpergewicht von 7kg hat also ein Idealgewicht von 5,4 kg (100 ÷ 130 x 7) bis 4,8 kg (100 ÷ 145 x 7).
Rationsberechnung zur Einleitung einer Gewichtsreduktion
Um eine Gewichtsabnahme zu erzielen, muss die Energie, die der Katze täglich über das Futter zugeführt wird, unter dem Erhaltungsbedarf liegen. Hierbei ist vom Erhaltungsbedarf für das ermittelte Idealgewicht dieser Katze auszugehen. Da in wissenschaftlichen Versuchen jedoch eine erhebliche Schwankungsbreite hinsichtlich der Energie, die eine Katze täglich zum Erhalt ihres KG benötigt, festgestellt wurde (von 31 – 51 kcal/kg KG), und dieser Wert von verschiedenen Faktoren wie Alter, Lebensumstände, Aktivitätsniveau, kastriert/intakt usw. abhängt, kann es im Einzelfall schwierig sein, den korrekten Erhaltungsbedarf zu ermitteln. Es hat sich daher in der Praxis bewährt, mit einer Ration zu beginnen, die 30 – 35 kcal umsetzbare Energie pro kg idealem KG pro Tag enthält und dann, je nach Gewichtsentwicklung, hinsichtlich des Energiegehaltes angepasst wird. Das heißt: Eine Katze, deren errechnetes Idealgewicht bei 4 kg liegt, erhält zunächst eine Ration mit einem Energiegehalt zwischen 120 und 140 kcal/Tag.
Grundsätzlich kann eine Ration zur Gewichtsreduktion aus beliebigen Futtermitteln (Rohfutter, gekochtes Futter, kommerzielles Nass- oder Trockenfutter bzw. Kombinationen hieraus) zusammengestellt werden, vorausgesetzt, die Ration deckt den Tagesbedarf der Katze an Fett, Protein, Vitaminen und Mineralien ab. Hier kommt es darauf an, eine Ration zu entwerfen, die zum einen der Katze gut schmeckt und zum anderen die Vorlieben der Besitzer berücksichtigt. Dies ist sehr wichtig, denn nur, wenn der Besitzer beim Verfüttern der Ration „ein gutes Gefühl“ hat, wird er die nötige Konsequenz aufbringen, ausschließlich diese Ration zu verfüttern, was entscheidend für den Erfolg der Reduktionsdiät ist. Selbstverständlich sind alle Leckerli, die die Katze üblicherweise bekommt, bei der Rationsberechnung zu berücksichtigen. Das kann schwierig sein, da deren genaue Energie- und Nährstoffgehalte vielfach nicht zu ermitteln sind. Insofern wäre es besser, die Katze erhielte während der Phase der Reduktionsdiät überhaupt keine Extras; dies ist in der Praxis aber kaum realisierbar.
Flankierende Maßnahmen
Neben der Erstellung einer Reduktionsdiät mit individuell angepasstem Energiegehalt ist es sehr wichtig, dass auch der Energieverbrauch und der Muskelaufbau der Katze durch entsprechende Maßnahmen erhöht werden. Hier ist der Halter gefragt, und je engagierter dieser sich beteiligt, desto leichter und besser wird sich der Erfolg der Reduktionsdiät einstellen. Es ist gut, wenn sich die Katze ihr Futter „erarbeiten“ muss. Hierzu bieten sich Futterspiele oder Foodpuzzles an. Da sich diese aus hygienischen Gründen besser mit Trockenfutter bestücken lassen, ist es empfehlenswert, Trockenfutter zumindest als einen Teil der Ration einzuplanen. Trockenfutterkroketten können auch geworfen oder in der ganzen Wohnung versteckt werden, sodass die Katze bei der Futteraufnahme „in Bewegung“ kommt. Tägliche interaktive Spieleinheiten sowie Ausflüge an der Leine ins Freie runden bei Wohnungskatzen das Programm ab.
Sicherheitsvorkehrungen
Bevor mit der Reduktionsdiät begonnen wird, ist der Gesundheitszustand der Katze genau zu überprüfen. Wie eingangs erwähnt, leistet Übergewicht einer Reihe von Erkrankungen Vorschub. So muss z.B. ausgeschlossen werden, dass die Katze bereits einen Diabetes mellitus entwickelt hat. Auch eine Nierenerkrankung ist auszuschließen, da in diesem Fall die Verfütterung einer proteinreichen Ration, wie sie zur Gewichtsreduktion zu empfehlen ist, kontraindiziert wäre.
Des Weiteren ist das Gewicht der Katze, vor allem in den ersten Wochen nach Einleitung der Reduktionsdiät, sehr engmaschig (d.h. mindestens 1x/Woche) zu kontrollieren. Der wöchentliche Gewichtsverlust sollte 1 bis max. 2 % des aktuellen KG betragen; eine übergewichtige Katze mit einem KG von 8 kg sollte also pro Woche zwischen 80 und 160 g Gewicht verlieren. In keinem Fall darf der wöchentliche Gewichtsverlust 3% des aktuellen KG übersteigen – in diesem Fall besteht die Gefahr, dass die Katze eine hepatische Lipidose (Fettlebersyndrom) entwickelt, eine lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung, die selbst im Fall, dass eine rechtzeitige, invasive Behandlung erfolgt, häufig tödlich endet.
In Teil 2 (Ausgabe 4/20) dieses Artikels gibt es ein passendes Fallbeispiel aus der Praxis. Vorgestellt wird der Verlauf der Reduktionsdiät bei Kater Sammy, der sein Gewicht von 8 auf 5 kg reduzieren konnte.
NICOLE SCHULTE-KULKMANN
TIERHEILPRAKTIKERIN
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