Chronisch-entzündliche Darmerkrankung beim Hund
IBD – INFLAMMATORY BOWEL DISEASE
Ich bin seit 2014 Tierheilpraktikerin und leide seit meinem 19. Lebensjahr an Colitis ulcerosa. Diese Erkrankung gehört wie Morbus Crohn zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen beim Menschen. Der Unterschied besteht darin, dass Morbus Crohn alle Teile des Magen-Darmtraktes befallen kann und Colitis ulcerosa auf den Dickdarm beschränkt bleibt. Beide Erkrankungen treten in Schüben auf. Symptome sind Darmkrämpfe, Durchfall, Abmagerung, Fieber, Erschöpfung, Dehydration, außerdem steigt die Gefahr, ein Karzinom zu entwickeln. Bei mir persönlich war 2014 dann nur noch eine komplette Entfernung des Dickdarms mit protektivem Stoma möglich. In einer zweiten OP wurde das Stoma rückverlegt und ein sog. ileoanaler Pouch geformt. Seit diesem Zeitpunkt ist eine halbwegs normale Verdauung möglich und die Krämpfe und Schmerzen sind weg.
Das ist der Grund, weshalb ich mich auch intensiv mit der IBD (Inflammatory Bowel Disease) beim Hund beschäftige. Die „menschliche“ und „tierische“ Form der Darmerkrankung ist fast gleich, ebenso die Symptome. Es gibt eine Form der IBD, die eher den Dünndarm betrifft, die zweite Variante mehr den Dickdarm.
Symptome
- Wässriger Durchfall
- Häufiger Kotabsatz, bis zu 15 Mal täglich
- Kot kann kaum gehalten werden
- Blutiger, schleimiger Kot
- Verweigerung der Nahrung
- Laute Darmgeräusche
- Schmerzempfindliches Abdomen
- Fieber
- Standardmäßige Durchfallmittel zeigen keine Wirkung
- Rezidivierendes Erbrechen (bei IBD des Dünndarms)
- Erschöpfung, Hund will sich wenig bewegen
- Gewichtsverlust, Dehydration
- Symptome zeigen sich in Schüben
- Hund verträgt viele Futtervarianten nicht
- Verhaltensveränderungen, Hund wird sehr anhänglich, schnell gestresst
Ursachen der IBD
Man weiß inzwischen, dass ein überschießendes Immunsystem der Hauptgrund für die Entwicklung einer IBD ist. Möglicherweise besteht auch eine genetische Veranlagung. Bestimmte Hunderassen (z.B. Boxer, Deutscher Schäferhund) sind öfter betroffen als andere. Oft besteht ein Ungleichgewicht der Darmbakterien. Es gibt keine Studien dazu, aber sensible, ängstliche und schreckhafte Tiere erkranken öfter. Stress kann die Entzündungsschübe auch auslösen.
Diagnose
Die Diagnose einer IBD gestaltet sich oft schwierig. Notwendig ist, eine Sammelkotprobe untersuchen zu lassen, um Parasiten (z.B. Würmer) auszuschließen. Auch ein Blutbild kann aussagekräftig sein. Ein erhöhter Wert des CRP (C-reaktives-Protein), Gehalt 5 µg/ml Serum, deutet auf eine Dickdarm-IBD hin, bei einer Dünndarm-IBD ist dieser Wert meist unauffällig. Um eine sichere Diagnose zu stellen, ist eine Endoskopie wichtig. Damit können Darmpolypen oder Darmtumore ausgeschlossen werden.
Schulmedizinische Behandlung
Während eines akuten Entzündungsschubs werden oft Kortikoide (stark entzündungshemmende Wirkung) wie Dexamethason eingesetzt. Als Dauermedikation wird z.B. Sulfasalazin gegeben. Dieser Wirkstoff hemmt die Produktion von Leukotrienen und Prostaglandinen, dadurch wirkt er antientzündlich. Außerdem besteht eine immunsuppressive Wirkung. Alternativ dazu gibt es noch stärkere entzündungshemmende Wirkstoffe wie z.B. Azathioprin oder Ciclosporin A. Diese starken Mittel sind meist auch mit Nebenwirkungen verbunden (z.B. Sulfasalazin entzieht Folsäure).
Naturheilkundliche Behandlung
Ich beschreibe meine erfahrungsgemäß bewährte Behandlung, die natürlich von Fall zu Fall individuell anzupassen ist. Oft ist diese Therapie unterstützend zur tierärztlichen Behandlung anzuwenden. Dabei ist Zusammenarbeit zwischen Tierheilpraktiker, Tierarzt und Tierbesitzer gefragt.
Ernährung
Sehr häufig wird Getreide schlecht vertragen. Die Firma Lupovet hat ein spezielles Ernährungskonzept für IBD-Hunde entwickelt (IBDerma hyposens). Gut verträgliche Proteinquellen sind meist Ziegen-, Schaf- oder Pferdefleisch. Lupovet setzt ihrem IBDerma hyposens das Protein Tryptophan zu, eine essenzielle Aminosäure, die in den Serotoninstoffwechsel eingreift und dadurch stimmungsaufhellend und leicht beruhigend wirkt. Ein Hund wird mit dieser Erkrankung oft depressiv, durch die Aminosäure soll dies verhindert werden. Das Futter ist außerdem komplett getreidefrei! BARFen hat sich meiner Erfahrungen nach nicht bewährt.
Vitalpilz Hericium
Die deutsche Bezeichnung für diesen Pilz ist „Igelstachelbart“. Er hat ein eigenartiges Aussehen, wächst an diversen Bäumen und wird inzwischen weltweit kultiviert. In der chinesischen Medizin ist er als bester „Magen-Darm“-Pilz bekannt. Dieser Pilz besteht u.a. aus bestimmten Polysacchariden und Polypeptiden, die eine sehr gute Wirkung auf die Regulation des Immunsystems haben. Sicher ist, dass dieser Pilz die Regeneration von Gewebe fördert! Außerdem sind essenzielle Aminosäuren vorhanden. In China wird der Hericium auch als Antidepressivum eingesetzt. Sein hoher Kaliumgehalt ist ebenso von Vorteil, da bei den heftigen Durchfällen viel von diesem Mineral verloren geht. Ich behandle mit dem „Hericium-Extrakt“ der Firma Hawlik.
Vitalpilz Reishi
Auch „Glänzender Lackportling“ genannt. In China heißt er „Pilz des ewigen Lebens“. Wie so viele Heilpilze ein Gemisch aus Inhaltsstoffen. Die wichtigsten: Triterpene. Diese wirken entzündungshemmend, leberschützend, nierenstärkend und „kortisonähnlich“. Eine adaptogene Wirkung ist nachgewiesen!
Zeolith
Durch diesen Wirkstoff werden Entzündungsmediatoren, Giftstoffe und allergieauslösende Stoffe gebunden und ausgeschieden. Außerdem wird die Darmwandbarriere gestärkt. Mindestabstand zu anderen Medikamenten sollte eine Stunde sein. Andere Medikamente sollen nicht gebunden werden. Zeolith ist ein Mineral, frei von Weizen, Gluten, Laktose und Zucker. Ich nehme reines Zeolith-Pulver aus der Apotheke. In diversen Produkten von anderen Firmen werden oft Laktose oder andere Kohlenhydratverbindungen verwendet. Da wir bei dieser Erkrankung oft mit einer hyposensiblen Verdauung umgehen müssen, vermeide ich das.
Horvi-Enzymtherapie
Verwendet werden bei dieser Heilmethode die Enzym-Wirkstoffkomplexe aus bestimmten Tiergiften. Also nicht das Gift, sondern das Enzym. Die Enzyme sind in der Lage, Stö- rungen innerhalb der Körperzellen zu reparieren und zu stabilisieren. Dazu gehört auch das Immunsystem, ein übersteigertes wird gedämpft, ein geschwächtes gestärkt!
Crotalus forte ist der Enzym-Wirkstoffkomplex der Klapperschlange, Anwendungsgebiet laut Dr. Diesing (Pharmakologe, Mediziner, Entwickler der Horvi-Therapie): u.a. Autoimmunerkrankungen.
Horvitrigon forte ist der Komplex der Buschmeisterschlange. Ein wichtiges Mittel, um das Immunsystem zu regulieren.
Kontraindiziert ist die Horvi-Therapie nur bei einer Azathioprin- oder Ciclosporin-Behandlung!
Mutaflor
Der Inhaltsstoff E. coli Nissle 1917 ernährt und stabilisiert laut Studien die Darmschleimhaut, außerdem wirkt er entzündungshemmend. Beim Menschen ist das Präparat für eine Ruhephase (Remission) der Colitis ulcerosa zugelassen, da der Effekt nachgewiesen dem Sulfasalazin bzw. Mesalazin entspricht. Beim Hund gibt es weniger Studien. Ich habe erlebt, dass leichte Dickdarm-IBD-Fälle sehr gut ansprechen. Bei fortgeschrittener Erkrankung bzw. im akuten Schub führt Mutaflor oft zu heftigen Blähungen.
Mit diesen Varianten der Behandlung habe ich nach langem Suchen und Ausprobieren die besten Erfahrungen gemacht. Wichtig für das Tier ist eine Zusammenarbeit mit Tierärzten und ein Austausch zwischen Kollegen. Ich werde weiter daran arbeiten. Eine Studie sagte mir, dass 30% der Hunde mit IBD euthanasiert werden. Nachdem ich selbst betroffen bin, ein erschreckender Gedanke.
SILKE WEBER
TIERHEILPRAKTIKERIN
PRAXIS IN MÜNCHEN
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