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Das Lachesis-Pferd: Verhaltenstypus

Fotos: © okalinichenko – stock.adobe.comGenauso wie das Ausgangsmittel ist das Lachesis-Pferd kein einfacher Zeitgenosse. Fühlt es sich ungerecht behandelt  oder hat das Gefühl, nur die „zweite Geige zu spielen“, kann es zu beachtlichen Wutanfällen mit unangekündigter Aggressivität kommen. Ist man aber bereit, einige mehr oder weniger große Kompromisse einzugehen, und hat man dann das Lachesis-Pferd auf seiner Seite, kann man mit ihm sehr viel Spaß und einen treuen Partner haben.

Von einem Extrem ins andere

BEWEGUNGSLOSIGKEIT VS. BLITZSCHNELLE BEWEGUNGEN
Es ist keine Seltenheit, dass sich Verhaltensprobleme mit organischen Beschwerden abwechseln. Es kommt oft vor, dass das Pferd sehr schwierig zu reiten ist, und in dem Moment, in dem es reiterlich „bergauf“ zu gehen scheint, lässt das nächste körperliche Problem nicht lange auf sich warten. Nach einer gelungenen Reitstunde kann mal also fast davon ausgehen, dass das Pferd am nächsten Tag lahmt oder eigentlich bereits ausgeheilte Krankheiten plötzlich wieder auftreten.

Lachesis-Pferde sind fast immer sehr gehfreudig und langweilen sich schnell, wenn sie nicht genügend beschäftigt und abwechslungsreich geritten werden. Fühlt das Pferd sich aber durch den Reiter oder äußere Einflüsse gestört bzw. eingeengt, kann es auch aus vollem Galopp blitzschnell stehen bleiben und blockiert so lange, bis die „Störung“ behoben ist. Da das Lachesis-Pferd sehr schnell lernt, hat es seinen Reiter auch rasch durchschaut und setzt dieses Wissen gezielt ein, um seine Interessen durchzusetzen. Reagiert der Reiter auf diesen Widerstand mit Druck und Gewalt, blockiert das Pferd komplett und kann dann sehr schnell auch sehr gefährlich werden, denn es unterwirft sich nicht einfach, sondern kämpft gegen diese ungerechte Behandlung mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln an.

Foto: ShutterstockLAUNISCHES, SEHR ZERSTÖRERISCHES VERHALTEN UND HOHE REAKTIVITÄT VS. HARMLOSES, FRIEDLICHES VERHALTEN
Übertreibung ist ein wichtiges Thema beim Lachesis-Pferd, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. So finden wir ein ausdrucksstarkes Dressurpferd, das extrovertiert eine Schleife nach der anderen sammelt, im nächsten Moment zum Pausenclown mutiert und auf dem Abreite- oder Parkplatz abwechselnd mit seiner Bezugsperson kuscheln will und nach allem um sich herum gezielt tritt. Da die meisten Lachesis-Pferde – sofern sie keine schlechten Erfahrungen machen mussten – nicht schreckhaft oder ängstlich sind, hat der Reiter fast immer einen zuverlässigen Partner an seiner Seite, den nichts so leicht aus der Ruhe bringen kann; es sei denn, das Pferd fühlt sich gestört. Dann kann es sich in Kleinigkeiten so richtig hineinsteigern, wobei wir wieder beim Hang zu maßlosen Übertreibungen sind.

ABSOLUTE ABNEIGUNG GEGEN EINSCHRÄNKUNG UND EINENGUNG VS. ÜBERMÄSSIG BESITZERGREIFENDES VERHALTEN UND EIFERSUCHT
Der Bezugsperson, anderen Tiere oder Menschen, die das Lachesis-Pferd gerne mag, gegenüber ist es häufig sehr aufdringlich bis unverschämt und scheint das Wort „Individualdistanz“ nicht zu kennen. Umso empfindlicher achtet es aber darauf, dass Individuen, denen das Lachesis-Pferd die Nähe nicht gestattet, eine möglichst große Distanz einhalten und kann hier sehr aggressiv reagieren. Das gilt besonders dann, wenn es sich gestört fühlt oder befürchtet, Rivalen könnten ihm etwas wegnehmen. Es befindet sich also ständig in einer gefährlichen Zwickmühle zwischen Nähe und Distanz und flüchtet sich nicht selten in Bewegung oder gar Hyperaktivität, wenn der Druck zu groß wird. Die Abneigung gegen Einschränkung wird häufig dadurch am deutlichsten, dass diese Pferde mitunter sehr schwer bis gar nicht durchs Genick oder am Zügel geritten werden können. Zum einen stört die Einengung am Hals und zum anderen nutzt es jede Möglichkeit, um seinem Reiter zu widersprechen und Grenzen auszutesten. Hat es seinen „Meister“ allerdings gefunden, kann es bei einem sehr starken Reiter, der es zwar konsequent in seine Schranken weist und sich nicht beeindrucken lässt, aber dennoch fair und ohne Druck reitet, richtiggehend über sich hinauswachsen. Zwar wird auch bei diesem Reiter in regelmäßigen Abständen die Rangordnung kurz infrage gestellt; die Diskussion dauert aber nie sehr lange, da es sich durch korrektes und feines Reiten zur Kooperation überreden lässt – es sei denn, es hat gerade keine Lust.

Es scheint trotzdem häufig so, als hätte man es mit zwei verschiedenen Pferden zu tun. Mit dem richtigen Reiter, den es akzeptiert, arbeitet es freudig mit und freut sich über jedes Lob und jede Belohnung. Wird gewechselt, mutiert dasselbe Pferd innerhalb von Minuten zum renitenten Ross, das um sich tritt, sich gegen jede Reiterhilfe wehrt und komplett blockiert. Eine Ausnahme zu korrektem und konsequent gutem Reiten gibt es allerdings: Lässt ein Reiter sich auf die Launen des Pferdes ein und stört es nicht weiter, so arbeitet es scheinbar mit. Ein Beispiel hierfür ist ein Pferd, das es hasst, durchs Genick und am Zügel zu gehen und Last auf die Hinterhand aufzunehmen. Lässt der Reiter die Zügel lang und erlaubt dem Pferd mit weggedrücktem Rücken, hochgerissenem Kopf und auf der Vorhand zu laufen, kann es vorwärts gehen und täuscht somit Kooperation vor. In Wahrheit verhält es sich allerdings umgekehrt. Das Lachesis-Pferd ist grundsätzlich lauffreudig und bewegt sich gerne frei und schnell. Sitzt der Reiter quasi als „Beifahrer“ auf ihm, geht es seinerseits den Kompromiss ein, dass es sich lenken lässt und z. B. auf Galopphilfen prompt reagiert. Das funktioniert aber nur, solange das Pferd den Ton angibt und den Reiter im Glauben lassen kann, es würde auf seine Reiterhilfen hören. Hier zeigt sich wieder die Abneigung, sich beherrschen zu lassen, denn es übernimmt die Rolle des Herrschers allzugerne selbst.

Bei Lachesis-Stuten kommt zu den täglichen Launen und Widersetzlichkeiten beim Reiten häufig noch ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Sattelzwang dazu, und sie sind während der Rosse oft nur bedingt bis gar nicht reitbar. Auch die Zeit des Fellwechsels kann zusätzliche Probleme hervorrufen. Vergleichbar mit der Häutung der Schlange kann sich das Lachesis-Pferd durch das nicht mehr gebrauchte Fell, das es schnellstmöglich los werden möchte, eingeengt fühlen.

Fazit

Echte Kooperation muss man sich verdienen und das Lachesis-Pferd muss überzeugt und darf keinesfalls mit Gewalt und übermäßiger Strenge gebrochen werden. Auf der anderen Seite ist sehr viel Einfühlungsvermögen und Erfahrung gefragt, denn ein schwacher, unerfahrener oder auch inkonsequenter Reiter hat bei einem Lachesis-Pferd kaum eine Chance, da es macht, was es will, und auch schnell respektlos und gefährlich werden kann. Ein sehr starker Reiter, der dem Pferd keinerlei Angriffsfläche bietet, da die Reiterhilfen sowohl im richtigen Moment als auch richtig dosiert und absolut fehlerfrei gegeben werden, hat ein Traumpferd, das an derselben Front wie er kämpft, sofern er mit den gelegentlich auftretenden Launen umgehen kann.

ALEXANDRA HOFFMANNALEXANDRA HOFFMANN
TIERPSYCHOLOGIN
HEILPRAKTIKERIN FÜR PSYCHOTHERAPIE
EIGENE PRAXIS IN GERMERING

TÄTIGKEITSSCHWERPUNKTE

  • Bach-Blütentherapie für Hunde
  • Veterinärhomöopathie
  • Humanpsychologie und Notfallmedizin
  • Angewandte Prävention und Gesundheitsförderung in der Tiermedizin
  • Dozentin der Paracelsus Schulen

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Fotos: © okalinichenko – stock.adobe.com, Shutterstock

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