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Der Tag, an dem Kira kam! Leben mit Hunden

Fotos: © LippertEs war Anfang Dezember und ich lag nach einer Darmoperation im Krankenhaus. Meine Bettnachbarin, die bereits kurz vor ihrer Entlassung stand, war damit beschäftigt, sich in ihrem Handy Fotos von Hunden anzuschauen, die ihr ihre Tochter zugesandt hatte. Nach dem Tod ihres Hundes konnten sie und ihr Mann sich nicht mehr an ein Leben ohne Hund gewöhnen – ein Thema, das wohl jeder Hundefreund und -halter kennt. Ein Alltag mit Hund ist eben viel bunter und reichhaltiger als ein Alltag ohne Hund.
Jedes Mal, wenn sie Fotos von niedlichen Welpen auf ihrem Handy betrachtete, trat sie an mein Bett, um sie mir zu zeigen. Wir hatten früher auch einen Hund, unseren Akim, ein superlieber, treuer und schöner Berner Sennenhund. Unseren zweiten Hund Rudi hatten wir im Mai einschläfern lassen müssen. Er war 15 Jahre alt und es ging ihm körperlich sehr schlecht, sodass seine verschwommenen Augen uns förmlich um Erlösung baten. Zum unendlich großen Leid unserer Tochter, die Rudi einst „angeschleppt“ hatte und sich nicht von ihrem Lieblingshund trennen wollte, erlösten wir ihn letztlich doch einstimmig.

201706 Kira2Akim litt sehr unter dem Tod seines älteren Hundefreundes. Er wurde sehr still und wir merkten ihm an, dass er ganz genau wusste, dass Rudi niemals zurückkehren würde. Schnauze an Schnauze lag er eine ganze Zeit lang bei seinem eingeschläferten Kameraden, bis wir Rudi dann im Garten begaben haben. Selbst Monate danach zog sich Akim noch häufig traurig und in sich gekehrt zurück. Er war damals als Welpe zu unserem 6-jährigen Rudi hinzugekommen. Nie werde ich Rudis Blick nach ein paar Stunden mit dem tollpatschigen Akim vergessen, der aus tiefstem Hundeherzen ausdrückte: „Diesen Jungspund bringt ihr doch wieder zurück, oder?“ Natürlich blieb Akim, und so wurden unser Tibet-Terrier Rudi und unser Berner Sennenhund Akim beste Freunde. Neun glückliche Hundejahre verlebten sie miteinander, sodass es für uns völlig verständlich war, dass Akim um seinen verstorbenen Freund trauerte. Da unser Akim eine ganz treue Seele und sehr sensibel ist, nahm er den Abschied von Rudi zwar hin, aber verkraftete ihn nur sehr schwer. Daher entschlossen wir uns, ab dem kommenden Frühjahr, wenn ich mich nach meinerOPerholt hatte, uns nach einem neuen zweiten Hund umzuschauen und dafür jetzt schon die Augen offenzuhalten. Keinesfalls jedoch wollten wir nach einem Hund suchen, denn unsere Hunde waren immer per Zufall in unser Leben gekommen – wir hatten nie das Ziel im Auge, uns einen Hund zu kaufen. Unsere „Zufallshunde“ passten auch immer wie die Faust aufs Auge in unsere Familie. Rudi war einst durch unsere Kinder in unser Leben getreten, und auch Akim war ein Hund, den keiner haben wollte, weil er ein blaues Auge hatte, was bei einem Berner Sennenhund mit Stammbaum als Fehler gilt. Wir sahen das völlig anders und kamen so zu einem wundervollen Hund. Bis zum nächsten Frühjahr war es noch eine Weile hin und zunächst musste ich auf die Beine kommen und mich von meiner Darmoperation erholen. Natürlich war ich von den Fotos auf dem Handy meiner Bettnachbarin vollkommen hin und weg. Als wir dann meinem Mann und meiner Tochter die Fotos der Welpen, die beim Tierschutzbund Nord abgegeben worden waren, zeigten, konnten auch sie sich ihrem Charme nicht erwehren, sodass mein Mann und meine Tochter unmittelbar nach meiner Klinikentlassung, sieben Tage vor Weihnachten, zum Tierschutzbund fuhren, um sich die Welpen einmal anzuschauen. Ich bat darum, die Hündinnen genauer ins Visier zu nehmen, weil wir bis dahin immer nur Rüden hatten. Eine schüchtern wirkende Welpin aus dem drei Monate alten Welpenrudel suchte sich dann meine Tochter als neue Besitzerin aus. Sie kam direkt auf sie zugelaufen, als sie den Zwinger betreten hatte. Sie hat die Kleine sofort ins Herz geschlossen, sodass das Universum wieder zugeschlagen und zusammengebracht hat, was zusammengehört. Ich lag noch krank mit nicht-funktionierendem Darm zuhause im Bett, als Kira zu uns kam. Es war Liebe auf den ersten Blick. Bis auf Akim. Er reagierte wie einst Rudi bei ihm und gab sich vollkommen genervt von dem jungen Familienzuwachs.

201706 Kira3Es dauerte Wochen, nein Monate, und die Situation war bizarr: Ein krankes Frauchen und ein quietsch-lebendiges Hundebaby. Die eine konnte und wusste nichts vom Leben, die andere, die ihr alles zeigen und beibringen hätte können, lag krank im Bett. Diese Zeit war sowohl für Frauchen als auch für die kleine Hündin ziemlich turbulent und anstrengend. Aber wir beide wühlten uns tapfer durch diese Zeit hindurch.
Ich hatte mir eine Hündin gewünscht, nun hatte ich eine. Dabei ging es mir nicht um den biologischen Unterschied zwischen Hündin und Rüde, ich wollte einfach auch mal einen Hund, der beim Walken neben mir her trabt, ab und zu mal freundlich den Augenkontakt sucht, und nicht alle fünf Meter stehen bleibt, um seine Nase am Wald- oder Straßenrand zu versenken, um intensiv und gefühlte zehn Minuten lang zu schnüffeln. Nicht, dass ich das Rüden-typische Schnüffel-Verhalten leid gewesen wäre, nein, das war es nicht. Akim ist ein ziemlich guter Begleithund und auch als solcher ausgebildet. Jedoch mit zunehmendem Alter und langsamer werdenden Spaziergängen bieten sich ihm immer mehr Möglichkeiten zum Schnüffeln und wir müssen ständig anhalten. So wurde aus einer flotten Morgenrunde rund um den See, die wir normalerweise in 40 Minuten laufen, ein zeitlich ausgiebiger Spaziergang.

201706 Kira4Nun war Kira beim Ausgehen mit im Team, erwies sich aber an der Leine als hyperanstrengend mit ihrer spontan-begeisterten Hopserei nach allen Seiten, sodass ich auf wackeligen Beinen und mit noch nicht ganz gesundem Darm wirklich gefordert war. Die Spaziergänge mit ihr waren nicht gerade erholsam. Es gab nichts, was sie nicht interessant gefunden hätte. So viel Wald, so viele Wiesen, Schlaglöcher, Pfützen und Bäume, die Rufe der Rehkitze – es war einfach alles schön und neu in Kiras strahlenden Hundekinderaugen! Da ich auch Akim oft dabei hatte, dem Kira meist viel zu aktiv war, zog dann der eine Hund konsequent in diese, der andere fröhlich hopsend in die andere Richtung. Es war schon ziemlich anstrengend, doch ein Blick in Kiras Augen ließ mich die körperlichen Anstrengungen schnell vergessen. Heute kann ich sagen, dass Kira mich wieder auf die Beine gestellt hat. Akim gewöhnte sich nach und nach an Kira. Sie erweckte seinen Beschützerinstinkt. Im März schloss sie Freundschaft mit der Bullterrierhündin Emma. Die beiden waren von Anfang an ein Herz und eine Seele. Glücklich und zufrieden genossen sie ihre Welpenzeit und tobten sich richtig aus, sodass sowohl Emmas Frauchen als auch ich danach zumindest ein bis zwei Stunden Ruhe hatten. Die beiden Hündinnen sind heute noch beste Freundinnen, auch wenn sie sich nicht mehr ganz so häufig sehen.

201706 Kira5In der Hundeschule, die mein Mann und meine Tochter mit Kira besuchten, erwies sich Kira als kleiner Freigeist. Wenn sie Lust hatte, machte sie mit, wenn nicht, dann eben nicht. Zuhause war es ebenso. Ich merkte schnell, dass man auch hier mit ihr üben musste. So bekam sie ihre privaten Übungsstunden, bis es mit „Sitz!‟", „Platz!‟" und „Kusselkopp“ (= Purzelbaum), wie man in meiner Heimat, dem Ruhrpott, gerne sagt, klappte. Wenn Kira keine Lust mehr hatte, war Feierabend mit Lernen. Ich hatte noch nie einen Hund, der sich derart durchzusetzen vermochte. Da bemühte ich mich und schleppte mich bei strömendem Regen mit krankem Darm und Kira in den Wald, um dem Hund etwas beizubringen, und sie machte, was sie wollte!
Bei meinem Mann und bei unserer Tochter lief es mit Kira besser, was mich sehr wunderte, da ich es ja war, die die meiste Zeit mit Kira verbrachte. Es dauerte eine Weile, bis ich dahinterkam, was hier nicht rund lief: Es war meine eigene Instabilität! Ich vertraute aufgrund meiner Krankheit meinem eigenen Körper nicht und strahlte das natürlich auch aus. Ich war alles andere als in meiner Mitte! Hunde haben unglaublich feine Antennen. Sie ticken anders als wir Menschen, ihr Kopfzentrum ist nicht so übermächtig, sie vertrauen naturgegeben auf ihre Intuition und ihre Instinkte – und das ist gut so. Denn nur so funktioniert es: Mensch und Hund müssen in Balance sein. Da ich mir also stets Sorgen um meinen Darm machte und ihm und mir selbst nicht vertraute, vertraute mir auch Kira nicht und versuchte das zu tun, was Hunde in solchen Fällen meistens tun: Sie bemühte sich, dieses Defizit aufzufangen. Ich musste also erst wieder selbst zu einer Ganzheit als Mensch finden, bevor Kira ruhiger werden würde und sich von mir etwas beibringen lässt. Als mir das bewusst wurde, drehte sich das Blatt sehr schnell. Hunde sind für ihre Menschen hervorragende Wegweiser.

Ich raffte mich auf und fing an, meinem Darm zu vertrauen, und ging selbst mit Kira zur Hundeschule. Und ich zog meine Paracelsus Seminare durch, die ich geplant hatte, und war er staunt, wie gut plötzlich alles klappte. Mein Darm war vermutlich auch erleichtert, dass sich nun nicht mehr alles einzig und alleine um ihn drehte. Ich verstand wieder einmal mehr, dass die Dinge im Einklang sein müssen, damit sie funktionieren. Alles Übel beginnt im Kopf. Wenn das Kopfzentrum in Habachtstellung ist und die absolute Kontrolle übernimmt, läuft der Mensch nicht mehr „rund“. So etwas passiert sehr schnell, wenn man erkrankt. Ist das Kopfzentrum im Krankheitsfall der Meinung, dass eines der Organe seine volle Aufmerksamkeit benötigt, dann kann der Rest der Organ-WG und der wahre Sein-Kern im Menschen schauen, wo er bleibt. In jedem lebenden Körper funktioniert das Eine nicht ohne das Andere, was sich dann gerne im Außen fortsetzt. Dysbalancen im Menschen führen stets zu Blockaden und Dysbalancen in ihren Hunden/Tieren und in allem Drumherum. Das Eine ist stets mit dem Anderen verbunden. Sich dessen bewusst zu sein, bringt jeden Menschen und auch ihre Hunde weiter. Ein Hund braucht einen Rudelführer!

Heute ist Kira 1 Jahr alt und Weihnachten rückt auch schon wieder in greifbare Nähe. Sie ist immer noch quietschlebendig und hat ihren eigenen Kopf – und ja, sicherlich müsste sie in ihrer eigenen Ausbildung bereits ein wenig souveräner sein. Aber ich bin jetzt entspannt, sie ist noch so jung und wir bleiben konsequent am Ball, was ihre Erziehung/Ausbildung betrifft. Man kann nichts erzwingen und sollte das nicht versuchen. Auch Hunde haben ihre Individualität und ihren inneren Kern. Alles, was lebt, ist damit „ausgestattet“. Bei uns hat sich trotzdem einiges verändert: Kira kann heute sehr gut auch über einen längeren Zeitraum ruhig bleiben und schlafen. Inzwischen liegt sie, wenn ich arbeite, entspannt neben mir an meinem Arbeitsplatz und sagt mir Bescheid, wenn es Zeit ist, auch mal aufzustehen, um sich zu bewegen. Sie bellt zwar noch gerne, aber die MenschHund-Balance ist wiederhergestellt und auch mein Darm kommt langsam zur Ruhe.

ANDREA LIPPERTANDREA LIPPERT

HEILPRAKTIKERIN
PRAXIS IN BAD SEGEBERG

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