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Tierheimkaninchen: Kaninchen zweiter Wahl?

Foto: RechViele Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich ein Heimtier anzuschaffen, führt der erste Weg zur Zoohandlung oder zum Züchter. Gerade wenn Kinder involviert sind, sind diese schnell Feuer und Flamme für die kleinen, goldigen Wesen mit den großen Kulleraugen und dem wuscheligen Fell. Oft nur um des lieben Friedens Willen wird dann eines dieser Tierchen gekauft, ohne sich vorher Gedanken über eine artgerechte Haltung, Fütterung und Pflege zu machen. Stellt man einem Mitarbeiter der Zoohandlung zu diesen Themen Fragen, so fallen die Antworten in der Regel recht dürftig aus. Zum einen, weil oft das nötige Wissen zu den Tieren fehlt, zum anderen, weil Mitarbeiter im Interesse der Firmen umsatzorientiert handeln und daher mehr daran interessiert sind, Käfige und Körnerfutter zu verkaufen.

Schnell angeschafft und schnell entsorgt

201506 Tierheim2Nach der Anschaffung des Tieres wird recht bald klar: Der Käfig muss täglich gereinigt werden, ebenso wie Futter- und Wassernäpfe. Das einsame Kaninchen nagt unentwegt an den Gitterstäben, da Auslauf und Partnertier fehlen, und die Tierarztkosten häufen sich, da sich durch das ungesunde Fertigfutter Durchfall einstellt oder sich Zahnfehlstellungen gebildet haben. Dann sind die neuen Tierbesitzer schnell an dem Punkt angelangt und wollen das Tier wieder loswerden. Im schlimmsten Fall wird es ausgesetzt, in einem Container entsorgt oder in einer Kiste auf dem Autobahnparkplatz abgestellt. Im besseren Fall landet das Tier im Tierheim. Meist werden die Tiere anonym bei Nacht und Nebel vor der Tür abgestellt, nur selten geben die Besitzer das Tier persönlich ab und können so den Mitarbeitern des Tierheims noch Angaben machen, die für eine schnelle Weitervermittlung nötig wären. Die Tierheimmitarbeiter stehen so vor dem Problem, dass sie weder etwas über das Alter und die Charaktereigenschaften des Tieres wissen, noch über eventuelle Krankheiten oder notwendige Medikationen. Dies muss dann alles erst aufwendig und kostenintensiv tierärztlich abgeklärt werden.

Platzmangel

Die Unterbringung im Tierheim erfolgt aus Platzgründen meist in kleinen Käfigen ohne Auslauf, da die Tierheimkapazitäten sehr oft bis zum Äußersten ausgereizt sind. Daher sind die Tierheime auf externe Pflegestellen angewiesen, welche die Tiere auf eigene Kosten bis zur Vermittlung versorgen und versuchen, ihnen bis dahin ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Im schlimmsten Fall fristet das Tier bis zu seinem Lebensende ein Dasein im Tierheimkäfig.

Manchmal wäre die Lösung so einfach

Durch meine Arbeit in der Tierheilpraxis, in der ich mich auch viel mit dem Thema Tierhaltungsberatung beschäftige, hatte ich schon mit vielen Menschen zu tun, die auf der Suche nach einem Partnertier für ihr vorhandenes Kaninchen waren, aber nie in Erwägung gezogen haben, sich eines aus dem Tierheim zu nehmen. In vielen Köpfen hat sich die Meinung festgesetzt, im Tierheim sitzen nur „Problem- Felle“. Sie sind der Ansicht, Tierheimtiere kratzen, beißen, sind aggressiv oder alt und krank. Ich selbst besitze drei Meerschweinchen, fünf Kaninchen und zwei Katzen aus dem Tierheim und kann daher aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Meinung falsch ist. Das oft zitierte „artfremde Verhalten“ der Tiere lässt sich in vielen Fällen auf die schlechten Haltungsbedingungen und die Vernachlässigung der Tiere durch die Vorbesitzer zurückführen. Aber mit viel Liebe und Zuneigung kann dieses Verhalten schnell wieder in die richtige Bahn gelenkt werden. Oft reicht es schon, dem Tier ausreichend Auslauf zu ermöglichen und ihm ein Partnertier zur Seite zu stellen. Dann sind die negativen Eigenschaften schnell verflogen. Des Weiteren sollte man bedenken, dass Tiere aus dem Tierheim immer tierärztlich untersucht, geimpft und kastriert sind. Ich konnte schon oft erleben, wie schön es ist, einem Tierheiminsassen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, und man kann bei jedem ihrer Luftsprünge und bei jedem Hakenschlagen eine tiefe Dankbarkeit spüren. Daher wird es Zeit, in Deutschland ein Gesetz zum Schutz der Heimtiere zu erlassen, damit diese in Zukunft nicht wie Wegwerfartikel, sondern als fühlende Lebewesen behandelt werden.

Abschließend möchte ich noch allen Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern der Tierheime für ihre hervorragende und selbstlose Arbeit danken!

SYLVIA RECH SYLVIA RECH
TIERHEILPRAKTIKERIN MIT MOBILER TIERHEILPRAXIS IM SAARLAND

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Foto: © JIANG HONGYAN – Shutterstock

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