Tierschutz-Interview: Giovanna Giaffa/Tierschutz-Organisation Cani di Italia
Mein Tierheilpraktiker im Interview mit Tierschützerin Giovanna Giaffa, Gründerin der privaten Tierschutz-Organisation „Cani di Italia“
Mein Tierheilpraktiker (MT): Frau Giaffa, neben Ihrer Arbeit in der Seminarabteilung der Paracelsus Schulen engagieren Sie sich für den Tierschutz. Wie kamen Sie dazu?
Giovanna Giaffa (GG): Im Mai 2000 fand ich vor unserem Haus in Italien eine kleine, süße Hündin. Nachdem kein Nachbar sich als Halter ausgab und das Tier hoffnungslos alleine war, entschied ich mich, die kleine Hündin zu behalten. Mich ließ der Gedanke nicht los, dass niemand dieses niedliche Hündchen vermisste. Ich recherchierte und stieß im Internet auf die Problematik des „Streunertums“ in Italien. Gina, die Hündin, ist mittlerweile 14 Jahre alt und lebt bei mir in Landsberg am Lech.
MT: Wie ging es damals weiter?
GG: Ich stieß auf eine Organisation in der Nähe von Neapel, die ein Kastrationszentrum betreibt. Dort war ich ab Ostern 2003 ehrenamtliche Helferin. Ende 2005 verließ ich die Organisation jedoch wegen unterschiedlicher Auffassungen und gründete meine eigene Organisation „Cani di Italia“.
MT: Was ist die Aufgabe von „Cani di Italia“?
GG: Als Aufgabe in Deutschland sehe ich die Betreuung, Vor- und Nachkontrolle vermittelter Hunde, die Suche von Pflege- und Endplätzen für unsere Tiere, Aufklärung, Information und Sammlung von Sachspenden. In Italien ist es die Unterstützung der Tierschützer vor Ort bei allen täglich anfallenden Aufgaben wie OP-Nachsorge, Tierarztfahrten, Anlage und Aktualisierung des Verzeichnisses der „Insassen“, Kennenlernen der Hunde, um die optimalen Familien für sie zu finden.
MT: Wie engagieren Sie sich persönlich?
GG: Ich unterstütze mit meiner Arbeit für „Cani di Italia“ das Tierheim von Caserta. Caserta ist eine Provinzhauptstadt in Kampanien, in Süditalien, 25 Kilometer nordwestlich von Neapel. Das Tierheim beherbergt aktuell circa 450 Hunde und etwa 30 Katzen. Man muss bedenken, dass Caserta selbst nur 80.000 Einwohner hat. D. h. in Caserta kommen auf 1.000 Einwohner 5,6 Hunde. In Landsberg sind es pro 1.000 Einwohner nur 0,83 Hunde. Ich organisiere von Deutschland aus Kastrationsaktionen, vermittle Hunde in ihre neuen Familien, sammle Sachspenden und bringe diese regelmäßig ins Tierheim. Ich wohne in Landsberg am Lech, habe also eine Strecke von circa 1.070 km einfach zurückzulegen. Wenn alles gut geht dauert die Fahrt zwischen 10 und 12 Stunden. Ich bin mindestens alle zwei Monate dort.
MT: Wie kann ich mir die Arbeit vor Ort vorstellen?
GG: In erster Linie flächendeckende Kastration von Straßen-, Privat- und Tierheimtieren. Studien beweisen, dass flächendeckende Kastration das einzig sinnvolle (und humanste) Mittel ist, um das Streunertum langfristig zu bekämpfen. Das Töten von Hunden, wie es in anderen süd- und osteuropäischen Ländern noch an der Tagesordnung ist, bringt keine Verminderung der Population! Ein weiterer wichtiger Punkt der Arbeit vor Ort ist die Aufklärung der Bevölkerung, warum es diese Probleme gibt und wie man sie leicht – jeder für sich – bekämpfen kann. Wir haben im Tierheim z. B. Schulklassen zu Gast, die wir informieren, halten Vorträge und präsentieren unsere Arbeit auf Events.
MT: Wie stehen Sie zu italienischen Tierheimen? Sind sie so gut strukturiert wie in Deutschland?
GG: Nein, die italienischen Tierheime sind überbelegt! Stellen Sie sich vor: Manche beherbergen über 5.000 Hunde, die zusammengepfercht ihr Schicksal erdulden müssen. Das ist Tierquälerei! Eine tierschutzgerechte Unterbringung von Tieren ist bei dieser Größenordnung aber auch fast nicht möglich!
MT: Warum wird dagegen nichts unternommen?
GG: 1992 wurde ein Gesetz erlassen, welches das grundlose Töten von Straßentieren verbietet. Gründe für eine Euthanasie wären Aggression gegenüber Menschen und Tieren oder unheilbare Krankheiten, die mit großem Leid für die Tiere verbunden wären. Tierheime werden in Italien von Gemeinden subventioniert. Leider gibt es vor allem in den privaten Tierheimen viele Betreiber, die lieber die Subvention pro Tier und Tag kassieren, als Hunde zu vermitteln oder zu kastrieren, obwohl es Gesetze gibt, die vorschreiben, dass die Tiere innerhalb von vier Wochen nach Ankunft im Tierheim kastriert werden müssen! In diesen Canile Lager - Lager leitet sich vom deutschen Wort „Konzentrationslager“ ab, und das sind sie auch! - werden die Hunde gesammelt und bis zu ihrem Tod aufbewahrt. Und das unter zum Teil katastrophalsten Bedingungen. Oft gibt es nur Wasser und schimmliges Brot. Logischerweise sind solche Betreiber nicht scharf darauf, dass sich die Presse für das Thema interessiert. Das ist die traurige Realität! Und glauben Sie mir: Die Hoffnungslosigkeit in diesen Tierheimen kann man fast greifen, die Bilder lassen einen tage- und nächtelang nicht mehr los!
MT: Wäre es denn besser, die Tiere, statt sie ihr Leben lang in überfüllte Tierheime zu sperren, zu töten?
GG: Eine kritische Frage, ich denke oft darüber nach. Diese Sache hat zwei Seiten – und beide sind grausam. Die Entscheidung zu fällen, welches Tier leben darf und welches entsorgt wird, würden Sie die treffen wollen? Ich nicht. Ich möchte nicht der Mensch sein, der dieses Tier ein letztes Mal berührt und auf den Tisch setzt, wo bereits ein Tierarzt mit aufgezogener Spritze wartet, um es einzuschläfern. Die andere Seite ist, dass die Hunde in den Massentierheimen kein schönes und artgerechtes Leben haben. Der Stress ist groß, die tägliche Futterversorgung nicht in jedem Tierheim garantiert, Krankheiten kursieren und die Tiere werden jeden Tag ein bisschen getötet – was auch sehr grausam ist. Man muss sich vorstellen, dass es Hunde gibt, die in Tierheimen geboren werden – nicht so in Caserta! - und dann dort irgendwann sterben. 24 Stunden täglich eingesperrt im Zwinger. 24 Stunden, Tag für Tag, manchmal 12 bis 14 Jahre lang! Ich habe noch keine vernünftige Antwort darauf gefunden, keine, die mich befriedigt oder die mir hilft, dieses Elend zu begreifen. Natürlich wäre es mir nicht lieber, wenn die Hunde Italiens einfach entsorgt werden würden. Am liebsten wäre mir, wir hätten all diese Probleme nicht – aber wir haben sie und müssen deshalb Lösungen finden.
MT: Wie sehen Lösungen aus, die Sie und Ihre Organisation bieten?
GG: In erster Linie organisiere ich Kastrationsaktionen. Wir bieten anderen Tierheimen, privaten Tierschützern, die Futterstellen haben, und auch minderbemittelten Privatpersonen an, ihre Tiere bei uns kostenlos kastrieren zu lassen. Das sind wichtige Schritte, wenn man bedenkt, dass eine Hündin im Jahr zweimal läufig ist und gedeckt wird und im Schnitt bis zu sechs Welpen bekommt. Das sind pro Hündin im Jahr 12 neue Hunde! Wenn wir davon ausgehen, dass es aus jedem Wurf nur vier Hunde schaffen, geschlechtsreif zu werden, dann sind im Jahr darauf von einer Hündin acht neue Hunde geboren worden, die für Nachwuchs sorgen können – ein Fass ohne Boden. Daher bedingungslose und flächendeckende Kastration. Bei den Kastrationsaktionen bieten wir die Kastrationen kostenlos an – in Absprache und unter dem Schutz der Gemeinde und des örtlichen Veterinäramtes.
MT: Wie werden diese Aktionen angenommen?
GG: Sehr gut! Sobald ich an meine Kontakte vor Ort kommuniziert habe, dass ich komme, läuft die Maschinerie an. An den OP-Tagen stehen dann Menschenmassen mit Tieren in Boxen und Käfigen vor den Toren, um uns ihre Tiere für den Eingriff anzuvertrauen.
MT: Haben Sie genaue Zahlen?
GG: Im Schnitt kastrieren wir mit drei Tierärzten in fünf Tagen etwa 160 Tiere. Davon sind über 80 Prozent Hunde – davon ca. 80 Prozent weibliche Tiere. Der Rest sind Katzen.
MT: Wie stehen Sie zur Verbringung von Tieren aus dem Ausland nach Deutschland?
GG: Das finde ich super! Für mich persönlich ist es immer ein Highlight, einen Hund, den ich manchmal jahrelang im Tierheim begleitet habe, nun glücklich in einer Familie zu sehen. Das entschädigt für emotional harte Arbeit. Allerdings sollten einige wichtige Regeln beachtet werden, um Auslandstierschutz nicht in Verruf zu bringen.
Diese wären: Die Tiere sollten ausnahmslos kastriert sein – unkastrierte Hunde nach Deutschland zu bringen, mit denen hier im schlechtesten Fall noch mal „versehentlich“ für Nachwuchs gesorgt wird, halte ich für dumm und gegen den eigentlich Sinn des Tierschutzes.
Die Tiere müssen gesund sein, sonst ist all die Arbeit umsonst, d. h. sie müssen gültig geimpft sein, innerhalb der EU gilt als Pflicht nur die Tollwutimpfung, allerdings sollten die Tiere auch alle anderen gängigen Impfungen haben, um die Verschleppung von Infektionskrankheiten zu vermeiden. Selbstverständlich sollten die Tiere auch regelmäßig entwurmt werden.
Die Tiere müssen gechipt sein, das ist ebenfalls eine EU-Vorschrift. Hier kann man den Chip nutzen, um die Tiere bei den gängigen Haustierregistern - Tasso und Deutscher Tierschutzbund - zu registrieren.
Und ganz wichtig: Ein „negatives Reiseprofil“. In Süd- und Osteuropa gibt es Krankheiten, die von Zecken und Mücken auf Tiere übertragen werden. Diese Krankheiten sind von Hund zu Hund ausdrücklich nicht ansteckend und auch von Hund zu Mensch nicht. Allerdings könnten außerplanmäßige Tierarztkosten auf die Familien zukommen.
Wichtig ist auch, dass die Hunde ein Leben mit Menschen und in einer Familie wollen. Aber das ist bei 95 Prozent aller Tierheimhunde der Fall.
MT: Was sind die Ausnahmen? Warum möchten bestimmte Hunde nicht in einer Familie leben?
GG: Das kann verschiedene Gründe haben. Manche haben einfach schlechte Erfahrungen gemacht, wurden misshandelt und gequält. Verständlich, dass sie menschliche Gesellschaft dann eher meiden. Allerdings gibt es auch Hunde, die einfach autonom leben möchten und keinen Menschen brauchen. Jedoch kommt das seltener vor. Es gibt sogenannte Hundeflüsterer, die bezweifeln, dass Auslandshunde sich integrieren können. Dem widerspreche ich rigoros! Wichtig ist, dem richtigen Hund zu helfen, dem Hund, der sich helfen lassen will. Es bringt nichts, wenn ein Hund vom Ausland in eine Familie zieht und nicht glücklich wird – und so wird auch seine Familie mit ihm nicht glücklich. Man muss und kann erkennen, ob ein Hund mit Menschen leben will oder lieber nicht.
MT: Wie kann man sonst helfen?
GG: Indem man Sachspenden sammelt. Wir suchen immer Handtücher, warme Decken, Bettwäsche und Laken (daraus schneidern wir OP-Tücher), Futternäpfe aus Metall, Körbchen, Spielsachen etc. Außerdem medizinisches Material wie Spritzen, Nadeln, Infusionsbestecke, resorbierbares Nahtmaterial, Verbände, ebenso Futterspenden, Nassfutter für Hunde und Katzen. Am einfachsten ist es hier, direkt bei unserem italienischen Großhändler vor Ort zu kaufen – wir haben sehr gute Konditionen und ein gutes Verhältnis zu ihm. Im Tierheim von Caserta sind die Hunde auf 112 Zwinger aufgeteilt. Entweder sie haben Plastikkörbchen - der Hygiene wegen - oder Holzpaletten, damit sie nicht direkt auf dem kalten Betonboden liegen müssen. Leider können wir die gespendeten Decken nicht in die Zwinger legen. Zum einen hätten wir dann im Sommer große Probleme mit Parasiten, die sich auch in den Decken sehr wohl fühlen, und im Winter legen sich die Hunde nass darauf und damit erhöht sich das Risiko für Lungenentzündungen. Ganz kleine Welpen leben in einem beheizten Zimmer mit Decken und Spielsachen und werden auch mehrmals am Tag gefüttert. Dort wird auch zweimal am Tag geputzt und wir versuchen die Welpen an den Menschen zu gewöhnen.
MT: Sind Tierheimhunde traumatisiert? Haben sie Schäden oder verhalten sie sich gestört?
GG: Nein, eher im Gegenteil. Tierheim bedeutet Leben im Rudel und das ist für einen Hund in der Regel sehr schön. Jeder Zwinger bei uns ist mit zwei bis zehn Hunden besetzt. Das ist eine Gemeinschaft. Natürlich kommt es auch da, wie in jeder guten Familie, mal zu Streit und Auseinandersetzungen, jedoch können wir ausgezeichnete Rudelstrukturen erkennen und die Hunde sind sehr gut sozialisiert. Allein leben bei uns nur einige Ausnahmen – Hunde, die mit ihren Artgenossen nicht klarkommen, weil der Mensch sie so erzogen hat. Oft wurden diese Hunde für leider immer noch sehr häufig vorkommende, illegale Hundekämpfe missbraucht. Logisch ist, dass alle Hunde nach der Vermittlung erst eine Eingewöhnungszeit brauchen, um alles kennenzulernen und sich zurechtzufinden.
MT: Was sind das für Hunde, die in Deutschland Familien finden, und wie finden die Familien Sie und die Hunde?
GG: Man mag meinen, dass nur Welpen vermittelbar sind. Meine Erfahrung ist da eine ganz andere. Jede Familie findet ihren ganz besonderen Hund, oft aus dem Tierheim und berichtet mir dann auch, dass genau dieser Hund der Richtige war. Ich habe schon alle Arten von Hunden mitgebracht. Hunde, die 15 Jahre lang oder noch länger im Tierheim gelebt haben und ihren Lebensabend nun auch auf einer schönen Couch in einem warmen Wohnzimmer verbringen dürfen. Blinde Hunde, alte Hunde, dreibeinige, auch verrückte oder schüchterne Hunde, die einem nicht um den Hals fallen, sondern erst auftauen müssen. Für mich ist jedes Schicksal ergreifend und jeder Hund ist mir gleich viel wert. Allerdings ist es wunderbar zu sehen, dass ein alter Hund nach der Adoption in Deutschland nicht mehr im Kalten und Freien schlafen muss, dass er Liebe und Zuwendung bekommt, und Pflege, wenn es nötig wird. Diese Hunde sind sehr dankbar und darauf bedacht, nichts falsch zu machen. Sie sind anpassungsfähig und freundlich. Das Leben hat sie gelehrt, mit wenig zufrieden zu sein. Es ist traurig und grausam, mit anzusehen, wie sie jeden Tag älter werden, dem Tod immer näher kommen, ohne das Leben zu leben, welches einem Hund eigentlich bestimmt ist, nämlich als treuer Freund des Menschen, Kumpel für ein Kind, Gesellschafter für eine alte Frau etc. „Ein Hund bleibt Dir im Sturme treu, ein Mensch nicht mal im Winde.“ Ich denke, das sagt alles! Ich habe eine Geschichte immer im Kopf, es sind Gedanken aus der Sicht eines Hundes. Er reflektiert sein Leben, erzählt von seiner Mutter und seinen Geschwistern, mit denen er ins Tierheim kam. Anfangs hatte er noch Hoffnung, eine Familie zu finden, dann wurde er älter, seine Mutter starb, nach und nach auch seine Geschwister. Am Ende ist er traurig und wütend, wir Menschen haben es zugelassen, dass ihm niemand geholfen hat. Und dann stirbt er, traurig, allein, an einem Tag im November … und es hat geregnet. Das ist das Schicksal, das ich allen Hunden natürlich am liebsten ersparen würde. Aber das ist unrealistisch. Das erste Learning im Tierschutz ist: Man kann nicht allen helfen, einige bleiben auf der Strecke. Aber man kann versuchen, so vielen wie möglich zu helfen, und zumindest denen, die uns vor die Füße fallen. Die Augen nicht zu verschließen, Probleme zu erkennen und anzugehen – das ist der richtige Weg! Ich schalte regelmäßig Anzeigen und verweise auf unsere Website www.cani-di-italia.de. Außerdem geht viel durch Mund-zu-Mund-Propaganda.
MT: Warum engagieren Sie sich für Hunde in Italien? Gibt es in Deutschland nicht genug leidende Hunde?
GG: Die Frage ist berechtigt, wenn man noch nie in einem süd- oder osteuropäischen Tierheim war, und sie wird mir sehr häufig gestellt. Die Situation in den Tierheimen dort ist nicht ansatzweise mit Deutschland zu vergleichen. Dort wird jeden Tag ums Überleben gekämpft, um regelmäßiges Futter und Wasser, während in deutschen Tierschutzorganisationen das einzige Problem der menschliche Machtkampf um die Chefposition ist. Wir in Italien haben weitaus grundlegendere Probleme. Es gibt Regionen, in denen es natürlich nicht sinnvoll ist, noch Auslandshunde zu importieren, wenn die Tierheime schon aus allen Nähten platzen. Aber wenn es die Möglichkeit gibt, Auslandstiere zu platzieren, ohne anderen Hunden zu schaden, spricht bei Einhaltung der oben genannten Regeln absolut nichts dagegen. Glauben Sie mir, Berichterstattung in Form von grausamen Bildern ist eine Sache – alles live zu sehen, zu riechen und zu fühlen eine andere! Das ist für mich der Antrieb zu helfen und weiterzumachen! Mittlerweile weiß ich zu viel, als dass ich mich ruhigen Gewissens zurücklehnen und alles verdrängen könnte.
MT: Haben Sie weiterhin Kontakt mit den Familien?
GG: Ja, mit sehr vielen! Und mir ist auch wichtig, die Entwicklung mitzubekommen und bei möglichen Schwierigkeiten eingreifen und Ratschläge geben zu können. Und die meisten Familien sind so stolz auf die Fortschritte, ich bekomme alles per Foto und Mails mitgeteilt. Manche Familien wollen allerdings nur ihren Hund und keinen weiteren Kontakt – aber da ich ja vorher Kontrollen mache und weiß, wohin ich meinen Hunde bringe, habe ich da keine Bedenken und respektiere den Wunsch der Familien. Einmal im Jahr organisiere ich ein „Cani di Italia Sommerfest“, zu dem ich die Familien einlade, die über mich Hunde aus Caserta adoptiert haben. Das ist für mich das Highlight des Jahres – ich sehe die Hunde und das Leuchten in ihren Augen und in denen ihrer Besitzer, und es gab noch nicht ein Sommerfest, bei dem ich vor Rührung und Freude nicht weinen musste.
MT: „Cani di Italia“ ist eine private Organisation, kein eingetragener Verein. Warum?
GG: Ich habe oft darüber nachgedacht und viele Familien fragen danach. Es gibt gute Gründe, die dagegen sprechen, u. a. das Thema „Vereinsmeierei“. Die Personen, die mir bei „Cani di Italia“ helfen, machen das gerne, jeder hat seinen Bereich und da quatscht keiner dazwischen. Sobald es eine offizielle Struktur bekommt, wird es schwierig, v. a. im Bereich Tierschutz. Negative Beispiele gibt es genug.
MT: Wer hilft Ihnen und unterstützt Sie?
GG: Mittlerweile ist der Kreis gewachsen. Für meine eigene Aufgabe bekomme ich Kraft und Zuspruch aus meiner Familie und meine Mutter hält mir den Rücken frei. Birgit macht die Homepage – sehr aufwändig und liebevoll kümmert sie sich darum, dass alles immer aktuell ist und schreibt die wunderbaren Texte. Außerdem organisiert sie Flohmärkte zugunsten der Organisation und sammelt so Geld für Tierarztrechnungen in Deutschland oder geplante Projekte. Sabine begleitet mich zu den Kastrationsaktionen und ist mein Gehirn. Sie weiß, wo alles ist, kennt sich aus und ich bin sicher, sie kann meine Gedanken lesen. Und um mich herum gibt es den sogenannten harten Kern: Frauen, die die Arbeit sehen, kennen und respektieren und mich und das Projekt mit ihrer Hilfe – jede auf ihre Art – unterstützen. Die Italienerinnen vor Ort bereiten die Bluttests vor und erledigen Amtsgänge, wenn ich nicht dazu komme – und abends sorgen sie für Unterhaltung und Spaß. Und dann gibt es natürlich die vielen Familien, die Hunde adoptiert haben, die die Augen offen halten, Spenden einsammeln und mir die Sachen bringen oder im Materiallager abgeben, sie reden über die Organisation und schicken Leute, die auf der Suche nach einem Hund sind, zu uns. Außerdem gibt es noch Traudel Phul und ihre Organisation „Menschen helfen Tieren e.V.“ aus Worms. Traudel begleitet mich schon mein Tierschutzleben lang und kennt die Situation vor Ort. Wenn ich zweifle, richtet sie mich auf. Sie vermittelt Hunde und schenkt ihnen Familien. Sie ist eine der Frauen, die meine Arbeit geprägt haben. Als ich noch ganz klein war, gab es einen Satz, den ich nie vergessen werde, und ich weiß, mein Opa wäre stolz auf jedes gerettetes Leben. Er sagte immer: „Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.“ Diese Einstellung versuche ich, an alle Menschen weiterzugeben!
MT: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Giaffa.
Sie möchten Frau Giaffa und „Cani di Italia“ helfen? Verschiedene Möglichkeiten gibt es hierfür:
- Futterspende direkt nach Italien
- Immaterielle Hilfe: Infos weitergeben, Spenden sammeln, etc.
- Patenschaft übernehmen
- Mitfahrgelegenheit anbieten für einen Hund (z. B auf dem Heimweg nach dem Urlaub)
- Was immer gebraucht wird: Futter, Näpfe, Töpfe, OP-Material, Antiparasitika, Infrarotlampen, Transportboxen, Geld u. v. m.
Kontakt:
Weitere Informationen unter www.hunde-aus-italien.de