PFERDEERNÄHRUNG: Du bist, was du isst
Wer wünscht es sich nicht, sein starkes und gesundes Traumpferd? Seinen treuen Partner mit glänzendem Fell, gesunden Hufen, Idealgewicht und einem Temperament, bestehend aus Aus geglichenheit, in sich ruhend, dennoch leistungsbereit und aktiv? Natürlich spielt hier neben einer artgerechten Haltung und den genetischen Voraussetzungen die Ernährung eine große und wichtige Rolle.
Vom Urpferd zum Hauspferd
Urpferde streiften oftmals 18 Stunden am Tag durch die Steppen, um sich ihrer Futteraufnahme hinzugeben, die extrem faserreich war. Der Verdauungstrakt unserer „Haus-Pferde“ lässt sich mit dem der Urpferde gut vergleichen, weshalb das Futter-Fundament Heu immer und in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen sollte. Im Schnitt kann hier pro Tag von 1 – 2 kg Heu pro 100 kg (Soll-)Pferdegewicht ausgegangen werden. Längere Fresspausen von über 5 Stunden sollten vermieden werden, Kraftfutterportionen müssen auf mehrere am Tag verteilt werden und dürfen maximal 200 Gramm pro 100 kg Pferdegewicht entsprechen (bei verschiedenen Arten von Kraftfutter sollte dies berücksichtigt und gegebenenfalls umgerechnet werden). Selbstverständlich sollte das Pferd auch immer Zugang zu frischem Trinkwasser haben und in Ruhe fressen können. Keinesfalls sollte die Arbeit mit dem Tier sofort nach der Kraftfuttergabe erfolgen, da es sonst zu Komplikationen kommen kann. Mineralfutter sollte immer zugefüttert werden, denn die wenigsten Koppeln bieten heutzutage noch ausreichend „freie“ Mineralien an, sodass das Pferd kaum mehr selbstständig alle notwendigen Mineral- und Vitalstoffe aufnehmen kann, wie das noch vor ein paar Jahrhunderten möglich war. Damals konnte dieser Bedarf durch Scharren und anschließendes Belecken der Erde, Fressen von Nüssen, Aufnahme von Wildkräutern und Anknabbern von Baumrinden vollständig gedeckt werden. Heutzutage gibt es hierzu im Fachhandel sowohl Pellets als auch zahlreiche weitere Futter- oder Nährstoffergänzungen. Meiner Meinung nach sind viele davon gut und sinnvoll, aber nicht alle. Auch Flüssigkeiten, Kräuter und Pulver, die ganz individuell auf das Tier und die Jahreszeit abgestimmt sind, sind im Fachhandel erhältlich. Ebenso sind mittlerweile vollständig mineralisierte Müslis zu bekommen, sodass jedem Pferdebesitzer die Möglichkeit geboten wird, sein Tier mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen und somit möglichen Krankheiten als Folge von Mangelernährung vorzubeugen. Jedoch müssen die Futterergänzungsmittel auf die vorhandenen Kraftfuttermischungen abgestimmt werden, damit keine Überversorgung entsteht.
Umstände, die eine besondere Ernährung erfordern
KOLIKEN
Nicht jedes Pferd, das sich wälzt, macht dies, weil es sich wohlfühlt. Bei genauerer Betrachtung erkennt man schnell, dass dieses (Kolik-)Wälzen keineswegs so locker ist wie beim „Komfortwälzen“, sondern das Pferd gerade am Hals und den Hinterbeinen stark angespannt ist und oftmals auch mit dem Schweif schlägt. Das Gesicht wirkt abwesend und man erkennt ein eckig angespanntes Maul. Ist eine Kolik zu vermuten, ist auf jeden Fall Eile geboten, da Pferde sich nicht erbrechen können und Pflanzenfresser im Verhältnis zum sehr langen Darmgekröse einen recht kleinen Magen haben. Das Kolon (Dickdarmanteil) ist nur an der vorderen Gekrösewurzel befestigt und somit frei beweglich. Die Darmpassage kann im schlimmsten Fall vollständig behindert werden, sodass es zu Durchblutungsstörungen bis hin zu Infarkten und Nekrosen kommen kann. Gerade auch mit abgeschluckter Sand birgt Gefahren, sodass bei einer akuten Kolik immer ein Fachmann hinzugezogen werden sollte. Im Anschluss muss unbedingt auf eine getreidearme und leichtverdauliche „Schonkost“ geachtet werden. Nicht zu große Mengen an Kraftfutter anbieten und immer ausreichend hochwertiges Raufutter zur Verfügung stellen. Auch Heucobs und Mash 2 – 3 Mal die Woche sind eine gute Möglichkeit, um die Anfälligkeit für Sandkoliken zu reduzieren.
KOTWASSER
Ein mittlerweile häufiges Problem bei Pferden stellt „Kotwasser“ dar. Das empfindet der Besitzer oft als „Schönheitsproblem“, für das Pferd hingegen ist es ein Stoffwechselproblem, sodass Vorsicht geboten ist. Man darf Kotwasser auch nicht mit normalem Durchfall verwechseln, da dieser ganz anders behandelt werden muss. Die Pferdeäpfel haben bei Kotwasser eine normale Konsistenz, allerdings rinnt zusätzlich Kotwasser an den Hinterbeinen entlang, was bei Pflegemangel zu Entzündungen führen kann. Daher ist es wichtig, hier auf ein individuelles Futterkonzept zurückzugreifen. Auf Silage und minderwertiges Getreide sollte verzichtet werden. Wie bei der Kolik unbedingt auf hochwertiges Getreide zurückgreifen, zudem bieten sich Heucobs an. Kraftfutter bitte erst nach dem Heu füttern. Wichtig ist, die Ursache für das Kotwasser herauszufinden – oftmals sind dies abrupte Futterumstellungen, Parasiten oder Futtermittelunverträglichkeiten, die sich in der Tierheilpraktik relativ leicht untersuchen und erkennen lassen. Da auch die Leber ein sehr wichtiges Entgiftungsorgan ist und bei Kotwasser keinesfalls vergessen werden darf, empfehle ich zusätzlich eine unterstützende hochwertige Kräuterkur (Mariendistel und Artischocke). Hierdurch wird die Leber auf natürliche Weise saniert und entgiftet. Zu beachten ist, dass längerer Durchfall, auch in Form von Kotwasser, den Elektrolythaushalt durcheinanderbringen kann, was eine zusätzliche Gabe von Elektrolyten erforderlich machen würde.
FELLWECHSEL
Während jüngere Tiere meist keine Probleme mit dem Fellwechsel haben, leiden ältere und geschwächte Tiere oftmals sehr darunter. Unentdeckt gebliebene Mangelerscheinungen geben meist dann noch ihr Übriges dazu. Wichtig ist deshalb, in den Frühjahrs- und Herbstzeiten auf eine Vorsorge mit Leinöl und ein auf das Pferd zugeschnittenes Mineralfutter zurückzugreifen, denn die Spurenelemente Zink, Kupfer, Mangan, Selen sowie die Vitamine Biotin und Folsäure sind in diesen Zeiten für den Organismus äußerst wichtig. Beachten muss man aber, dass dies wirklich nur als Kurfütterung und nicht als Dauerfütterung durchgeführt werden sollte – also nur im Zeitrahmen des Fellwechsels.
HUFREHE
Jeder Pferdebesitzer hofft, dass sein geliebtes Tier niemals an Hufrehe erkrankt. Wie zuvor erwähnt, stellt Heu die Grundlage der Pferdefütterung dar. Das Problem dabei ist heute, dass die meisten Wiesen gedüngt werden und somit das Gras bzw. Heu sehr viel Fructan und Eiweiß enthält. Im Übermaß wirken diese Stoffe giftig beim Pferd und können Hufrehe auslösen. Insofern sollte man immer dafür sorgen, ballaststoffreiches Heu von mageren Wiesen zu verfüttern, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Damit lässt sich der diffusiven Entzündung der Huflederhaut nichtinfektiösen Ursprungs vorbeugen. Natürlich gibt es noch zahlreiche andere Auslöser für Hufrehe, aber da ich hier hauptsächlich auf spezielle Fütterungskonzepte eingehen möchte, lasse ich diese bewusst außen vor und beziehe mich ausschließlich auf die Fütterungsrehe. Bei einem akuten Reheschub und im Anschluss daran sollte als Zusatzfutter ein niederglykämisches Mash gewählt und anstatt eines Apfels oder einer Karotte (enthalten viel Zucker) auf niederglykämische Leckerlis zurückgegriffen werden. Bierhefe und Kräutermischungen aus Ginkgo, Mariendistel, Brennnessel, Schafgarbe, Löwenzahnkraut und -wurzel, Kamille, Pfefferminze, Kümmel und Weißdorn wirken bei der Behandlung einer Fütterungsrehe unterstützend.
ZAHNPROBLEME
Pferde leiden nicht selten an Problemen im Mund- und Rachenraum und an den Zähnen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Falsche Fütterung, Weideunfälle bei Rangordnungskämpfen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Leider fehlen auch oft regelmäßige Kontrollen des Gebisses durch einen Pferdezahnarzt oder einen Tierheilpraktiker, sodass Entzündungen und Tumore oftmals lange Zeit unentdeckt bleiben. Dies führt dazu, dass das Pferd unter Schmerzen leidet und zum Teil die Futteraufnahme verweigert, was wiederum Folgeerkrankungen durch Unterversorgung von Nährstoffen und Abmagerung nach sich zieht. Manchmal erkennt der Besitzer dann an den eingespeichelten Heuwickeln, dass etwas mit der Mundhöhle seines Pferdes nicht in Ordnung ist. Bei schlechter Zahnsubstanz können statt Heu aufgeweichte Heu- oder Wiesencobs gefüttert werden. Aufgeweicht deshalb, weil sonst die Gefahr einer Schlundverstopfung besteht. Eingeweichte Rübenschnitzel stellen zudem einen guten Kraftspender dar, wenn das Tier abgemagert ist oder eine höhere Energiezufuhr benötigt. Da gerade ältere Pferde an Zahnproblemen leiden, ist eine Zusatzfütterung mit immunsystemstärkender Wirkung ratsam – hier eignen sich z.B. Algen, OPC aus Traubenkernextrakt (als Antioxidant) und Leinöl. Pauschal lässt sich das aber nicht empfehlen. Es sollte sich zuvor unbedingt ein Tierheilpraktiker ein genaues Bild des Pferdes vor Ort machen (da wie bei allen Krankheitsbildern immer Körper, Seele und Psyche sowie individuelle Erfahrungen, Genetik, äußere Gegebenheiten etc. eine Rolle spielen).
Praxiserfahrung
Ich empfehle den Tierbesitzern immer, regelmäßige Blutuntersuchungen bei einem Tierheilpraktiker durchführen zu lassen, da sich so rechtzeitig versteckte Mängel entdecken und behandeln lassen. Meist sind Mangelerscheinungen leicht durch Zufütterung eines passenden Futters (Mash, Müsli, Cobs) oder einer Nahrungsergänzung in Form von Kräutern, Mineralien oder Ölen behandelbar. Durch ein individuelles Fütterungskonzept kann man schon vorab sehr vielen Krankheitsbildern und Symptomen wie Infektanfälligkeit, Sommerekzem, Arthrose, Kreuzverschlag, Mauke, Haut-, Fell-, Hufproblemen und Energieverlust entgegentreten. Denn auch bei unserem treuen Freund und Familienmitglied Pferd gilt: Du bist, was du isst!
JANINA GEIS
TIERHEILPRAKTIKERIN
MOBILE TIERHEILPRAXIS IN WÜRZBURG
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