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Wir stellen vor: Reptilienauffangstation München, e. V.

Fotos: Agency Animal Picture / KrugGegründet wurde die Reptilienauffangstation 1995, als im Zoologischen Institut der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität München in der Kaulbachstraße mehr und mehr wechselwarme Tiere abgegeben wurden. Viele der Tiere mussten aus ihrem Zuhause ausziehen, weil ihre Besitzer sie nicht mehr versorgen konnten, andere stammten aus illegalen Handlungen und wurden beschlagnahmt und wieder andere waren einfach Fundtiere. Daran hat sich auch bis heute nichts geändert. Im Moment sitzen zwischen 500 und 600 Tiere in der Station ein und warten darauf, vermittelt zu werden. Die Vermittlungsraten sind dabei verhältnismäßig hoch, sodass der Durchlauf bei 1.000 bis 1.500 Tieren pro Jahr liegt.



Hilfe durch viel ehrenamtliches Engagement

Um Reptilien halten zu können, bedarf es eines Spezialwissens und einer Sachkunde, denn „Reptilien sind keine Tiere zum Anfassen, sondern Tiere zum Anschauen“, so Dr. Markus Baur und Isabel Grefen, beides Tierärzte der Reptilienauffangstation München. Die unterschiedlichen Reptilienarten brauchen ihre individuellen Unterkünfte, manche lieben es heiß und tropisch, andere eher mild und wieder andere leben im Wasser. Um diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden zu können, bedarf es jeder Menge ehrenamtlichen Engagements. Nur durch die Hilfe vieler ehrenamtlich tätiger Reptilienfreunde konnte Stück für Stück eine multifunktional ausgerichtete Station für die Unterbringung wechselwarmer und wirbelloser Tiere geschaffen werden. So verfügt die Reptilienauffangstation heute über artgerecht angelegte Aquarien und Terrarien ebenso wie über kleine Wasseranlagen für Wasserschildkröten und Krokodile und spezielle Sicherheitsräume für „gefährliche Tiere“. Organisiert ist die Reptilienauffangstation in einem Trägerverein, der aktuell unter Vorsitz von Prof. Dr. R. Hoffmann und Dr. J. Moritz mehr als 185 Mitglieder zählt.


Auch Reptilien kosten Geld

Fotos: Agency Animal Picture / KrugSchwerpunktmäßig werden in der Auffangstation Tiere aus artenschutzrechtlichen Beschlagnahmungen von Veterinärämtern, Zoll oder Naturschutzbehörden untergebracht, aber auch gefundene und lästig gewordene Tiere. Darüber hinaus gewinnt die Unterbringung „gefährlicher Tiere“ nach Artikel 37 LStVG aus sicherheitsrechtlichen Gründen immer mehr an Bedeutung. So mussten alleine im Jahr 2010 über 2.000 Tiere aufgenommen werden und sprengten damit die Kapazität. Auch sind die meisten beschlagnahmten Tiere krank und müssen tierärztlich versorgt werden. Operiert, behandelt und medizinisch betreut werden die Tiere dabei von Tierärzten wie Dr. Markus Baur und Isabel Grefen, die sich auf Reptilien spezialisiert haben. Doch alles hat seinen Preis. Abgesehen von den Behandlungskosten sprengen auch die Kosten für Medikamente, Futter und Unterbringung meist die zur Verfügung stehenden Mittel. Daher ist auch die Reptilienauffangstation als eingetragener gemeinnütziger Verein, trotz der Unterstützung durch den Freistaat Bayern, auf Spenden angewiesen.


Schildköten sind besonders betroffen

Während Schildkröten früher überwiegend im Sommer abgegeben wurden, ist dies nun ganzjährig gang und gäbe. Viele dieser Tiere wurden ausgesetzt, weil sie aufgrund ihrer langen Lebenserwartung ihren Besitzer überlebt haben und die Hinterbliebenen sie nicht haben wollten. Etwa 40 Prozent der Tiere werden abgegeben, weil ihre Halter überfordert sind oder einfach keine Lust mehr haben, sich um ihr Tier zu kümmern. „Diese Tiere werden leider nur allzu oft unüberlegt angeschafft und landen dann bei uns. Der Großteil der Tiere sind Reptilien, die in Massen reproduziert werden, wie z. B. Schmuckschildkröten. Davon pflegen wir im Moment etwa 300 Tiere, für die wir nun extra ein Gewächshaus angeschafft haben“, so Dr. Markus Baur.

Fotos: Agency Animal Picture / Krug
Einzug in die Auffangstation halten aber nicht nur Schildkröten, sondern auch Geckos, Warane, Bartagamen, Krokodile, Schlangen, Spinnentiere und auch vereinzelt Fische und kleinere exotische Säugetiere. So werden zur Zeit ein Wüstenluchs und ein paar Mungos versorgt. Steigende Tendenz weisen auch großwüchsige Tiere wie drei bis sechs Meter lange Riesenschlangen auf, die meist sehr lange in der Station bleiben, weil sie nur schwer vermittelt werden können.


Vermittlung wie in einem Tierheim

Fotos: Agency Animal Picture / KrugOhne eine ständige Tiervermittlung könnten keine neuen Tiere aufgenommen werden. Die Vermittlung funktioniert ähnlich wie in einem normalen Tierheim, nur dass die Ansprüche an die potentiellen Tierübernehmer viel höher liegen. In Bayern besteht außerdem die Problematik, dass viele dieser Tierarten auf sog. Gefahrtierlisten stehen und somit kaum vermittelt werden können. So ist es z. B. fast unmöglich, in Bayern einen Tigerpython zu vermitteln, sodass diese Tiere in der Auffangstation oft als „Ladenhüter“ zurückbleiben. Aber auch andere Tiere wie Schnapp- und Geierschildkröten bleiben meist ein Leben lang, da es für diese Tiere in Deutschland ein Besitzverbot gibt und sie somit nicht vermittelt werden dürfen. Für andere Tiere liegt die Vermittlungsrate jedoch bei 80 bis 90 Prozent, was angesichts der Sachkunde, die man zur Haltung dieser Tiere braucht und der gesetzlichen Vorschriften, einen enormen Erfolg darstellt. Dieser Erfolg rührt u. a. auch daher, dass die Auffangstation für Reptilien München e. V. zwar eine Tierschutzorganisation ist, aber keine extremen Standpunkte einnimmt. „Was die Vermittlung betrifft, sitzen wir so ein bisschen zwischen allen Stühlen. Wir sind nicht contra Wildtierhaltung und auch nicht contra Tierhaltung in menschlicher Obhut, sondern wir kooperieren mit Tierhaltern, versuchen sie zu beraten und bringen uns auch ein, wenn die Behörde einem Tierhalter zu Unrecht zu Nahe rückt. Wir stehen aber natürlich auch den Behörden beratend zur Verfügung, d. h., wenn es Tierschutzverstöße gibt, gehen wir mit den Behörden vor Ort und sind entsprechend auch als Gutachter tätig. Wir sehen uns eben nicht strikt einer bestimmten Seite verpflichtet. Uns geht es primär ums Tier“, erklärt Dr. Markus Baur zur Frage nach dem Vermittlungserfolg. An Tierhaltungen, von denen die Verantwortlichen der Reptilienauffangstation nicht überzeugt sind, werden keine Tiere abgegeben. Wer aber die nötige Sachkunde belegen und auch nachweisen kann, dass er das Tier artgerecht versorgt, der hat gute Chancen, ein Tier bei sich aufnehmen zu können.


Beraten hilft Vermeiden

Fotos: Agency Animal Picture / KrugDa gerade Reptilien immer wieder unüberlegt und ohne das entsprechende Wissen zum Tier angeschafft werden, bietet die Reptilienauffangstation Informationsmaterial, Führungen und Beratungsgespräche an. In individuellen Führungen wird u. a. über den Tierund Artenschutz informiert, über Haltungsformen und über die notwendige Versorgung der Tiere. Wichtig ist es, dass sich potentielle Tierhalter vor der Anschaffung eines Tieres beraten lassen. Die Mitarbeiter der Reptilienauffangstation gehen dabei auf die individuellen Ansprüche und eventuellen Besonderheiten der ins Auge gefassten Tierart ein und erläutern an vorhandenen Terrarien, Aquarien oder Gehegen beispielhaft, wie die Pflegeansprüche des Reptils umgesetzt werden müssen.


Das Problem der Ernährung

Fotos: Agency Animal Picture / KrugSicherlich gibt es viele Reptilien, die sich als Vegetarier ausschließlich von Pflanzen ernähren, doch es gibt auch Fleischfresser, Insektenfresser und Nahrungsspezialisten wie Schlangen, die nur Echsen fressen. Diese Schlangen lassen sich auch nicht auf Mäuse umstellen, sodass ein Schlangenbesitzer sich darüber bewusst sein muss, dass zur artgerechten Ernährung des Tieres auch der Kauf von Futterechsen gehört. Um Tiere, die ausschließlich kleinere Säugetiere wie Mäuse und Ratten fressen, artgerecht zu ernähren, züchtet die Reptilienauffangstation ihre Futtertiere selbst. Damit wird sichergestellt, dass diese Futtertiere wenigstens bis zu ihrem Tod artgerecht gehalten wurden. Für Insektenfresser werden Futterinsekten von Bugs International bezogen, einer Firma, die Futterinsekten von höchster Qualität züchtet und Zoos, Zoohandlungen und auch Gourmetrestaurants beliefert. Das Tierschutzgesetz schreibt im Übrigen eine artgerechte Haltung aller Tiere vor, wobei dazu auch insbesondere das Fütterungsverhalten der Tiere zählt.
Daher steht es für Dr. Markus Baur und Isabel Grefen als schulmedizinische Tierärzte außer Frage, ob sie eine lebende Maus ins Kobra-Terrarium setzen, wenn die Schlange die Jagd und den Einsatz ihres Giftes in der artgerechten Haltung braucht. „Wir können Tierliebe nicht dort enden lassen, wo sie mit unserer Überzeugung kollidiert, sondern müssen uns überlegen, was das Tier braucht. Ein Tier hat ja biologisch keine andere Möglichkeit“, so Markus Baur. Wer diesem Grundsatz nur schwer folgen kann, sollte sich auf jeden Fall für einen Pflanzenfresser entscheiden. Doch auch bei diesen Tieren ist es nicht mit einem Äpfelchen und einem Kopfsalat getan. Für diese Tiere grasen jeden Sommer Heerscharen an Praktikanten den englischen Garten nach verschiedensten Pflanzen ab, um den Tieren gerecht zu werden und ihnen ein möglichst breites Spektrum an Wildpflanzen anzubieten. Und auch Pflanzenfresser ist nicht gleich Pflanzenfresser. Es gibt Arten, die fressen Triebe und eiweißreiche Jungpflanzen und andere Arten, die sehr viel strukturierte Rohfasern benötigen, wie z. B. Landschildkröten. Diese Tiere verdauen wie ein Pferd oder eine Kuh und werden bei leicht verdaulichem Futter eher krank, als dass man ihnen etwas Gutes tut. Reptilienfütterung ist also eine kleine Wissenschaft für sich und darüber versucht die Reptilienauffangstation auch aufzuklären.


Die Gefahr liegt in der Unachtsamkeit

Fotos: Agency Animal Picture / KrugDa es unter den vielen Reptilienarten auch sehr viele giftige Tiere gibt, gibt es natürlich auch in der Reptilienauffangstation einen extra für diese Tiere ausgestatteten Sicherheitsraum. Dieser ist so konzipiert, dass die Tiere einerseits nicht entwischen können und andererseits beim Saubermachen der Terrarien nicht bedrängt werden, sodass der Mensch immer außerhalb der kritischen Distanz bleibt. Trotzdem darf die Gefahr, die von manchen giftigen Tieren ausgeht, nicht unbeachtet bleiben. In der Reptilienauffangstation wird peinlichst genau Wert darauf gelegt, dass alle Mitarbeiter im Umgang mit giftigen Tieren geschult sind, sodass es hier auch noch nie zu schwerwiegenden Vergiftungen gekommen ist. Zudem gibt es in Bayern ganz klare Regelungen, die vorgeben, wie die Sicherheit in der öffentlichen Tierhaltung auszusehen hat. Ähnliches schreiben auch Versicherungen vor. In der Reptilienauffangstation gilt für giftige Tiere daher der Grundsatz, dass ein giftiges Tier nur dann berührt wird, wenn dies unbedingt erforderlich ist. Und daran sollten sich auch potentielle Tierhalter unbedingt halten.

Mehr Informationen zur Reptilienauffangstation und zum Umgang, zur Fütterung und zur Haltung dieser Tiere unter: www.reptilienauffangstation.de