Skip to main content

Die chinesische Tiermedizin – Grundlagen, Elemente und gängige Praktiken

TierarztDie traditionelle chinesische Veterinärmedizin (TCVM) hat eine lange Geschichte, die eng mit der Entwicklung im Humanbereich verknüpft ist. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen stammen aus der Zeit 650 vor Christus und wurden von Bai Li angefertigt, er verfasste die „Bai Le ZhenJing“ oder auch „BaiLe's Kanon der Veterinärmedizin“. Weiterhin besagt eine Legende, dass die Anfänge der chinesischen Tiermedizin auf einen an Koliken leidenden Elefanten vor 3500 Jahren zurückgehen, der erfolgreich mit Akupunktur behandelt werden konnte. Seitdem wurde die traditionelle chinesische Medizin auch immer häufiger bei Haus- und Nutztieren angewendet. In der westlichen Welt ist die TCVM derzeit zwar noch nicht so verbreitet, der Kreis der Interessenten und Anwender wächst jedoch stetig, sodass sich viele Veterinäre entweder ganz auf die TCVM fokussieren oder diese ergänzend zur Schulmedizin anbieten.

 

Wann kann die chinesische Tiermedizin eingesetzt werden?
TCVM umfasst hauptsächlich die Bereiche Akupunktur, Moxa, Kräutertherapie, Futtertherapie und Tui-Na, dabei basiert die Behandlung auf einem holistischen Konzept von Therapie und Diagnose, welches die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützt. Ganz im Gegensatz zur konventionellen Medizin, die vor allem Symptome behandelt, ist die TCVM darauf ausgerichtet, die zugrunde liegenden Störungen ausfindig zu machen und zu beseitigen, damit der Energiefluss wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann. Wer einen noch genaueren Einblick in die Philosophie der traditionellen chinesischen Tiermedizin erhalten möchte, findet eine detaillierte Erläuterung in diesem PDF-Dokument. Häufig werden beide Bereiche daher gemeinsam eingesetzt, sodass TCVM ein unterstützender Bestandteil des Therapieplanes ist. Bewährt hat sich die traditionelle chinesische Veterinärmedizin bei vielen unterschiedlichen Problemen, darunter beispielsweise:

• Hauterkrankungen
• Herz-, Kreislaufprobleme
• Unterstützend zur Chemotherapie bei Krebs
• Geriatrie, um die Lebensqualität alter Tiere zu unterstützen
Asthma, Husten und andere Probleme des Respirationssystems
• Neurologische Probleme wie Lähmungen und Epilepsien
• Hormonelle Probleme wie Diabetes oder Schilddrüsenprobleme
• Verhaltensprobleme

 

Die Behandlungsmaßnahmen und Praktiken der traditionellen chinesischen Tiermedizin
1.    Akupunktur
Bei der Akupunktur werden bestimmte Punkte an der Körperoberfläche mithilfe von feinen Akupunkturnadeln stimuliert. So können Blockaden in den Meridianen – den an der Körperoberfläche verlaufenden und mit den inneren Organen verbundenen Energiebahnen – gelöst und eventuelle Störungen an den Organen entfernt werden. Da Akupunkturnadeln aus Metall und nicht hohl wie Injektionsnadeln sind, verursachen sie keinen Defekt im Gewebe, sondern dürften sich bei Tieren wie ein leicht prickelndes Gefühl, Taubheit oder eine elektrische Strömung entlang des Meridians anfühlen. So zumindest wird die Akupunktur von Menschen beschrieben, bei denen der Eingriff ähnlich verläuft. Mitunter kann bei dem Eingriff auch Blut austreten, bei der Hemopunktur wird dies sogar angestrebt. Die Länge der Nadeln hängt dabei vom Tier und der Punktlokalisation ab. Die Akupunktur ist kombiniert mit schulmedizinischen Methoden ein ganzheitlicher Ansatz, um beispielsweise ernsthafte und vor allem schmerzhafte Erkrankungen wie Arthrose – eine degenerative Knochenerkrankung, die hier näher erläutert wird – zu behandeln und so eine deutliche Minderung des Schmerzes oder gar eine komplette Heilung zu erzielen.

Einige Unterarten der Akupunktur sind außerdem:

• Die Elektroakupunktur – sie ist besonders gut bei Lähmungen und Schmerzen geeignet und stimuliert mittels elektrischer Impulse
• Die Aquapunkture – hier erfolgt die Stimulierung durch die Injektion von Flüssigkeiten, etwa Vitamin B12, Kochsalzlösung oder Homöopathika, wobei der Effekt durch das Volumen erzeugt wird
• Die Akupressur – bei der Akupressur erfolgt die Stimulation ausschließlich über den Druck der Finger

 

2.    Moxa-Therapie
Beifuss Moxa-TherapieDie Moxa-Therapie stimuliert Akupunkturpunkte mithilfe von Wärme und Verbrennungen von Moxa (Beifuss), sodass die Zirkulation von Chi und Blut verbessert wird. Gerade bei chronischen Erkrankungen und Problemen durch Kälteeinwirkungen, aber auch für schwache und ältere Tiere wird diese Methode empfohlen. Die Moxibustion gilt als der „große, starke Bruder“ der Akupunktur, denn da, wo die Akupunktur an ihre Therapiegrenzen stößt, beginnt erst die Domäne der Moxibustion. Hierbei wird dem Patienten über Akupunkturpunkte Energie von außen in den Meridian geleitet, sodass der Erfolg einer anschließenden Akupunktur größer ist. Vor allem bei Patienten, die energiearm sind, was gerade bei chronischen und schweren Erkrankungen der Fall ist, ist meist auch zu wenig Energie für die Akupunkturbehandlung vorhanden, sodass diese ohne vorherige Moxibustion wirkungslos ist. Oft ist eine weitere Behandlung aber auch gar nicht nötig, da auch das „Moxen“ allein schon viele Schmerzen verschwinden lässt. Die Therapie selbst ist schmerzlos für das zu behandelnde Tier und wird laut Tierärzten meist relativ gut aufgenommen. Die vielfältigen Anwendungsgebiete sind zum Beispiel Koliken, Bronchitis, Ekzeme, zur Beruhigung, bei Durchfall, zur Geburtshilfe oder bei Wirbelsäulenerkrankung.

3.    Chinesische Kräutertherapie
Die chinesische Kräuterheilkunde hat eine lange Tradition, die rund 2000 Jahre zurückgeht. Die ersten Kräuterrezepte Chinas stammen aus dem 3. Jahrhundert vor Christus, das erste Handbuch der chinesischen Heilkunde wurde daraufhin im ersten Jahrhundert fertiggestellt – und wird noch immer genutzt. Während die ersten Rezepte sehr simpel waren, so zeigen sich spätere Variationen durchaus komplex und sind so aufgebaut, dass sie die Disharmonie im Körper bereinigen können. Dafür werden nur selten einzelne Kräuter verwendet, vielmehr kommen Kombinationen aus 4-16 Kräutern zum Einsatz. In der Veterinärmedizin werden zu diesem Zweck hauptsächlich konzentrierte Granulate genutzt, die leicht mit dem Futter vermischt werden können. Hauptsächlich werden die genutzten Kräutermedikamente aus Pflanzen hergestellt, unter anderem kommen Blätter, Blüten, Fürchte, Wurzeln, Rinde oder Pilze zum Einsatz. In der Vergangenheit kamen oftmals auch Knochen von Säugetieren, Hirschgeweihe oder ganze Schlangen hinzu, diese und ähnliche Substanzen dürfen aber nicht mehr nach Deutschland importiert werden. Die Behandlung selbst kann zwischen einer Woche und mehreren Monaten andauern je nach der Schwere und dem Bestehen der Krankheit. Eine Einschränkung der Anwendbarkeit bei den chinesischen Kräutermitteln gibt es nicht, vor allem bei akuten und chronischen Krankheiten sind sie oft das Mittel der Wahl.

4.    Tui-Na
Die chinesische Massage Tui-Na behandelt nicht nur die Muskeln, sondern nimmt Einfluss auf den gesamten Stoffwechsel. Gerade bei Hunden und Pferden hat sich Tui-Na bewährt und wirkt sich oftmals beruhigend und entspannend auf das Tier aus. Eine Besonderheit von Tui-Na-Massagen ist die Tatsache, dass diese nicht zwangsläufig nur von Ärzten durchgeführt werden können, sondern auch für den Tierhalter erlernbar sind. Nach einer entsprechenden Einschulung beim Tierarzt können die Besitzer die Techniken demnach auch selbständig zuhause durchführen, sodass beispielsweise der Heilungsprozess des Tieres in gewohnter Umgebung unterstützt wird.

5.    Mykotherapie
Mykotherapie PilzeAuch die sogenannte Mykotherapie hat ihren Ursprung in China, zu verstehen ist darunter das Heilen mit Pilzen. Offenbar ist der Gebrauch von Heilpilzen allerdings schon sehr viel älter, denn selbst der bekannte Gletschermensch Ötzi trug schon ein Exemplar bei sich, wohl als eine Art Rucksackapotheke. Tatsächlich bilden einige Pilze sogar die Grundlage für die Entwicklung wichtiger Medikamente, darunter etwa Penicillin, Lentinan oder Krestin. Der Pilz ist deshalb ein so spannendes wie auch vielseitiges Lebewesen, da er botanisch gesehen weder zu den Pflanzen – denn er betreibt keine Photosynthese –, aber auch nicht zu den Tieren gehört. Unter den Organismen bildet er daher eine eigenständige Gruppe. Den meisten Menschen ist beispielsweise auch nicht bewusst, dass bis zu 25% der Biomasse der Erde aus Pilzen bestehen. Praktisch alle Pilze wirken entgiftend, ebenso sind viele von ihnen stoffwechselregulierend, immunregulierend oder haben antikarzinogene Wirkungen. Einige Pilze haben sich in Studien als gleichwertig mit Chemotherapeutika erwiesen, andere hingegen sind ein probates Mittel bei Diabetes. Ebenfalls hervorzuheben ist die revitalisierende und stabilisierende Wirkung, die in der Rekonvaleszenz oder in der Geriatrie Verwendung finden. Einige der wichtigsten Anwendungsgebiete in der Tiermedizin sind daher Tumore aller Art, Krebsprävention und Krebserkrankungen, Verhaltensstörungen wie Angst oder Aggressivität, Rheuma, Allergien, Autoimmunerkrankungen, Entgiftungen, bakterielle Erkrankungen und vieles mehr, was beispielsweise hier näher in Erfahrung gebracht werden kann. Verabreicht werden die Pilze meist in Kapselform oder als Komprimate.

 

• Achtung: Wenngleich die Mykotherapie keine unzähligen verschiedenen Stoffe beinhalten mag, so sollte ihre Anwendung stets von einem erfahrenen Therapeuten begleitet werden. Von Selbstversuchen ohne Rücksprache mit einem entsprechenden Tierarzt ist dringend abzuraten, denn die Dosierungen und Kombinationen müssen stets auf den individuellen Einsatz abgestimmt werden. Tierart, Rasse, Alter, Erkrankung, aktuelle Entwicklung und vieles mehr spielen dabei eine wesentliche Rolle.


Abbildung 1: pixabay.com © skeeze (CC0 1.0)
Abbildung 2: pixabay.com © Hietaparta (CC0 1.0)
Abbildung 3: pixabay.com © Hans (CC0 1.0)